Die Darmbakterien des Säuglings und ihre Beziehungen zur Physiologie der Verdauung / von Theodor Escherich.

  • Escherich, Theodor, 1857-1911.
Date:
1886
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die Darmbakterien des Säuglings und ihre Beziehungen zur Physiologie der Verdauung / von Theodor Escherich. Source: Wellcome Collection.

    18/202 (page 4)
    Die mehr von physiologischen Gesichtspunkten ausgehende Forschung hat diese Frage bis vor Kurzem überhaupt nicht in An- griff genommen. Zwar sind gerade auf dem Gebiete der Spaltpilz- gälirungen in Verfolgung der Pasteur’schen Versuche eine grosse Reihe hervorragender Arbeiten geschaffen worden, ich erinnere an die Untersuchungen von Hoppe-Seyler undNenki mit Schülern, Fitz, Brefeld, Senator, ßrieger u. A.; allein dieselben waren nur zum Tlieil mit genügender Rücksicht auf Reinheit und Morpho- logie der Bakterien oder Berücksichtigung der Verhältnisse im Dann- kanal angestellt. Wenn man auch durch dieselben ein zutreffendes Bild vom Chemismus der Gährungsvorgänge erhielt, so schloss man doch nur aus der Uebereinstimmung der Endproducte auf die Aehn- lichkeit derselben mit den im Darmkanal vor sich gehenden Zer- setzungen, und wenn in den modernen Lehrbüchern der Physiologie (Landois 1884, IV. Auflage S. 340) von den Bakterien der Eiweiss- fäulniss, der Milch-, Buttersäure-, Essiggährung u. s. w., als normal im Darmkanal vorkommenden Mikroorganismen gesprochen wird, so muss man doch sich dessen bewusst bleiben, dass bisher (mit Ausnahme des Bienstock’schen Eiweissbacillus) noch kein einziger dieser supponirten Gährungserreger auch nur mit einiger Sicherheit im Stuhl oder Darminhalt erkannt, geschweige denn daraus gezüchtet worden wäre. Von den Zersetzungsvorgängen im Darmkanal gilt das- selbe, was Flügge *) von der Fäulniss im Allgemeinen sagt: „es pflegen darin unzählige verschiedene Formen von Spaltpilzen zu vegetiren; welche von denselben als mehr harmlose Ansiedler, welche als Gährungserreger aufzufassen sind, und auf welche von den letzteren wir die einzelnen Acte und Phasen des Fäulnissprocesses zu vertheilen haben, darüber ist noch so gut wie nichts Sicheres bekannt.“ Der erste Autor* 2), der meines Wissens den Versuch machte, die einzelnen Formen der im Stuhl und Darminhalt gefundenen Mikro- organismen entsprechend den neueren physiologischen Anschauungen mit bestimmten Gährungsvorgängen in Beziehung zu bringen, ist Nothnagel3). Am Schlüsse seiner wesentlich der morphologischen ’) Fermente und Mikroparasiten. Pettenkofer’s Handbuch der Hygieine 1885, I. Th. S. 228. 2) Nächst einer kurzen Notiz über Bakterien und Pilze in der Inaugural- dissertation von Szydlowski. Beiträge zur Mikroskopie der Fäces. Dorpat 1879. 3) Niedere Organismen in den menschlichen Darmentleerungen. Beiträge zur Physiologie und Pathologie des Darmkanals. 1884 und Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 111.