Zur Geschichte der Sozialen Hygiene / von Th. Weyl.

  • Weyl, Theodor, 1851-1913.
Date:
1904
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Credit: Zur Geschichte der Sozialen Hygiene / von Th. Weyl. Source: Wellcome Collection.

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    Fremden sich der vorgeschriebenen Kontrolle entzogen. Manchen ge- lang es, verkleidet und auf Nebenwegen in die Stadt einzuschleichen- andere benutzten das Gedränge an den Toren, um unbemerkt an den Aufsehern und der Wache vorüberzukommen. Um solchen Ungehörig- keiten vorzubeugen, wurde eine Reihe neuer Verfügungen erlassen. Wer beim Einschleiciien in die Stadt oder deren Gebiet ertappt worden sollte sofort verhaftet und gleich seinen Helfershelfern exemplarisch be- straft werden, während demjenigen, der eine solche Umgehung der obrig- keitlichen Anordnungen zur Anzeige bringen würde, eine Belohnung in Aussicht gestellt und Verschweigung des Namens verheißen ward. Ferner wurde befohlen, daß man sich beim Eintritt in die Stadt oder in deren Gebiet nur der Landstraßen zu bedienen habe, nicht aber der Nebenwege (bei der Landwehr, am Hammerbrook), mit deren Ueber- wachung besondere Patrouillen betraut wurden. Durch andere Vor- schriften wurde die Kontrolle an den Toren verschärft. Auch die Be- wohner der Stadt waren von derselben nicht befreit, sie mußten, wenn sie zum Tor hinaus wollten, mit einer Marke versehen sein, die sie bei ihrer Rückkunft wieder abzuliefern hatten. Das Millerntor, wo der Zu- drang am größten war, sollte V2 Stunde früher als gewöhnlich ge- schlossen und bereits 1 Stunde vor der Schließung für den Verkehr von Wagen und Pferden gesperrt werden. Auf der Alster außerhalb des Baumes sollte nach Torschluß kein Kahn oder sonstiges Fahrzeug ge- duldet werden. Eine wesentliche Vervollständigung erhielten diese Maßregeln durch die im August des Jahres 1710 eingeführte Ueberwachung der Wirts- häuser und sonstigen Fremdenquartiere. Sämtliche Wirte, Gastgeber, Krüger und alle, die sonst Fremde beherbergten, wurden verpflichtet, keinen von auswärts eingetroffenen Gast aufzunehmen, der nicht mit einem am Tor unterschriebenen vorschriftsmäßigen Paß versehen war. Die Liste der Angekommenen sollte von den Wirten allabendlich den Bürgerkapitänen übergeben werden. Diese aber sollten nicht nur auf gewissenhafte Beobachtung dieser Vorschriften dringen, sondern sich „Haus bei Haus, in Kellern, Buden und Sählen nach den dort etwa anwesenden Fremden erkundigen und das Resultat ihrer Visitationen, sowie sämtliche ihnen zugekommene Nachrichten über das Fremden- wesen ihren Kolonelherren (d. i. den Ratsherren, die dem Bürgermilitär vorgesetzt waren) unverzüglich mitteilen. Mit noch größerem Argwohn, als die übrigen Fremden, wurden damals die auswärtigen Juden betrachtet. Schon in dem erwähnten Schriftstück, das der Hamburger Rat Anfang Januar 1705 an die Altonaer Behörden richtete, wurde namentlich die Notwendigkeit betont, die zahlreichen wegen der Pest geflüchteten, mit alten Kleidern handeln- den polnischen Juden fernzuhalten. Das Mandat vom 30. Dezember 1707 verbot den polnischen Juden ausnahmslos den Eintritt in die Stadt. Weiter noch ging ein Mandat vom 29. Januar 1710. In Anbetracht, daß Waren, an denen die Kontagion hafte, alte Kleider, Bettgerät, Haare, Rauchwerk, Wolle, Flachs, Hanf, Federn, nicht nur durch pol- nische, sondern auch durch andere Juden eingeschleppt werden könnten, wurde darin verfügt, daß sämtliche in Hamburg anwesende, nicht schutz- verwandte Juden binnen 14 Tagen das Gebiet der Stadt räumen sollten. Bedeutsamer, als alle bisher angeführten Maßregeln, war die im Sommer 1710 erfolgte Einsetzung eines besonderen Sanitätskollegiums, das zunächst aus 2 Ratsmitgliedern und einer größeren Anzahl von Bürgern bestand. . . . 142