Richtlinien für Schwangerschaftsunterbrechung und Unfruchtbarmachung aus gesundheitlichen Gründen / herausgegeben von der Reichsärztekammer ; bearbeitet von Dr. Hans Stadler.

  • Germany. Reichsärztekammer.
Date:
1936
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Richtlinien für Schwangerschaftsunterbrechung und Unfruchtbarmachung aus gesundheitlichen Gründen / herausgegeben von der Reichsärztekammer ; bearbeitet von Dr. Hans Stadler. Source: Wellcome Collection.

    152/202 (page 148)
    B. OHRENKRANKHEITEN. Wie an den oberen Luftwegen, so werden auch an dem Gehörorgane zur Zeit der Menstruation und Gravidität eine Reihe von vasomotorischen, endokrin bedingten Störungen beobachtet. Es kann vor Eintritt der Menstruation zu Rötung und Schwel- lung der Ohrmuschel und deren nächster Umgebung mit Hitzegefühl und Juckreiz kommen. Diese Kongestivzustände führen unter Umständen auch zu kleinen und selbst größeren Blutungen, die vom äußeren Gehörgange, vom Trommelfell oder von Granulationen der Paukenhöhle ihren Ursprung nehmen und bei Ausbleiben der Menses als vikariierende Menstruation angesprochen werden. Vasomotorische Einflüsse liegen wohl auch bei den labyrinthären Störungen, Ohrensausen und Schwindel vor, die in manchen Fällen meist vor Beginn der Menstruation beobachtet werden. Auch in der Gravidität kommt es zu Störungen der Vasomotion im äußeren Gehörgang und am Trommelfell, so namentlich auch zum Auftreten von Varicen und Haematomen. Im Gegensatz zu diesen ohne jeden Nachteil verlaufenden Störungen werden in der Gravidität durch endokrine und toxische Einflüsse auch schwerste Ohrerkrankungen mit dauernder Schädigung des Gehörs aus- gelöst. Wenn auch das Leben der Gravida durch diese Erkrankungen nicht gefährdet wird, so können sich aus einer drohenden Ertaubung beider Ohren oder aus einer zunehmenden Schwerhörigkeit des einen Ohres bei schon vorher bestehender Taubheit des anderen so schwere soziale Schä- digungen ergeben, daß auch hier die Unterbrechung der Schwangerschaft berechtigt erscheint. Otosklerose. Unter den Erkrankungen des Ohres, bei denen eine Unterbrechung der Schwangerschaft in Frage kommen kann, ist vor allem die Otosklerose anzuführen. Die Otosklerose tritt meist beiderseitig auf und geht bei normaler Tube und normaler Paukenhöhle mit einer progredienten Schwerhörigkeit ein- her, die sich vor allem in einem Ausfalle des Gehörs für die tieferen Töne, also in einem Hinaufrücken der unteren Tongrenze äußert. Dazu kommt noch eine Verlängerung der Knochenleitung beim Kranken im Gegensatze zu der Knochenleitung des Normalhörenden und ein negativer Ausfall des Rinneschen Versuches (Überwiegen der Knochenleitung beim Kranken gegenüber der Luftleitung). Schließlich werden noch subjektive Ohrge- räusche von wechselnder Intensität bis zur Unerträglichkeit beobachtet. Die anatomische Grundlage dieses Leidens ist auf Veränderungen an der knöchernen Labyrinthkapsel bzw. auf eine knöcherne Verwachsung und Ankylosierung des Steigbügels im Rahmen des V orhoffensters zurück- zuführen. Bei einer größeren Zahl von Fällen kommen dazu noch atro- phisch-degenerative Vorgänge an dem Nervenendapparate des häutigen Labyrinthes und damit auch Störungen der Schallperzeption mit Ein- schränkung der oberen Tongrenze. Was die Aetiologie dieser Krankheit anlangt, so liegt derselben be- stimmt eine hereditäre Disposition zu Grunde, wobei die Anlage zu den