Myelitis und Sehnervenentzündung / von Max Bielschowsky.

  • Bielschowsky, Max.
Date:
1901
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Myelitis und Sehnervenentzündung / von Max Bielschowsky. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by UCL Library Services. The original may be consulted at UCL (University College London)

    61/106 (page 61)
    — ()1 - liegt das wichtigste Kriterium des Prozesses. Insbesondere ist der Auswanderung der Leukocyten deshalb die grösste Bedeutung beizulegen, weil wir in ihr nach der herrschenden Auffassung ein sicheres Kennzeichen der Entzündung vor uns haben. Es wird davon weiter unten noch die Rede sein. Hand in Hand mit den Ver- änderungen des Gefässapparates gehen die Veränderungen des Parenchyms und der Neuroglia. Die Nervenfasern sind in der weissen Substanz entweder bereits zerfallen oder befinden sich auf dem Wege des Zerfalles. Dabei machen sie starke Schwellungs- zustände durch, an denen sowohl die Markscheiden wie die Achsen- cylinder beteiligt sind. Bei dem Zerfallsprocess eilen die Mark- scheiden dem Achsencylinder immer etwas voran. Dasselbe gilt von den Ganglienzellen der grauen Substanz, speziell von den Vorderhornzellen. Auch hier gehen dem Zerfall Schwellungs- zustände voraus. Die Gliafasern haben in den am stärksten erkrankten Be- zirken ein glasiges, homogenes Aussehen, welches gleichfalls auf einen Schwellungszustand hindeutet. Eine grössere Bedeutung als die Veränderungen der Fasern der Neuroglia beansprucht die Veränderung ihrer Kerne, welche sich in einer stellenweise nicht unerheblichen Vermehrung kundthut. Es sind daran beide Arten der Gliakerne beteiligt, sowohl die kleinen, welche sich mit Kernfarbstoffen gleichmässig dunkel tingieren, als auch die grösseren, bläschenförmigen, welche einen fein granulierten Inhalt besitzen. Diese Vermehrung der Kerne kann nicht im Sinne einer Wucherung ex vacuo gedeutet werden, welche etwa dazu dienen soll, den Ersatz für zu Grunde gegangenes Parenchym zu leisten; denn bis zur Entwicklung von Substanzdefecten hat der Prozess mit Ausnahme vereinzelter Stellen noch nicht geführt. Man wird dieselbe vielmehr als den Ausdruck einer productiven Reizung der Zwischensubstanz betrachten müssen. Zusammen mit der Kernwucherung in den Gefässwänden haben wir in dieser Pro- liferation der Gliakerne ein zweites, allerdings weniger einwands- freiesKriterium der Entzündung. Neben den Gliakernen waren überall ■massenhaft Fettkörnchenzellen vorhanden. Am dichtesten standen sie da, wo der Zerfall der Markscheiden die weitesten Fortschritte zeigte. Der Parallelismus zwischen Dichtigkeit der Fettkörnchen- zellen und Intensität des Myelinzerfalles ist ein nahezu gesetz- mässiger. Bei dem relativ geringen Gehalt der grauen Substanz an markhaltigen Nervenfasern gegenüber der weissen sind auch die Fettkörnchenzellen in ihr stets weniger zahlreich. Für die