Vorlesungen über den Bau der nervösen Zentralorgane des Menschen und der Tiere : für Ärzte und Studierende / von Ludwig Edinger.

  • Edinger, Ludwig, 1855-1918.
Date:
1908
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Credit: Vorlesungen über den Bau der nervösen Zentralorgane des Menschen und der Tiere : für Ärzte und Studierende / von Ludwig Edinger. Source: Wellcome Collection.

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    Vögeln und den großen Schwimmern wieder, den Haien und Lachsen z. B., ist es so enorm, daß man in dem Riesenorgane das dünne Blätt- chen gar nicht mehr wiedererkennt, aus dem es entstanden und das vielfach dauernd vorhanden ist. Die Kleinhirnentwicklung ist so durchaus von den locomotorischen Anforderungen abhängig, daß innerhalb ganz nahe stehenden Familien die größten Differenzen vorkommen. Nicht nur haben die wenig schwimmenden Flunderarten sehr kleine Cerebella sondern innerhalb der Schildkröten zeigen die landlebigen oft nur halb so große Cerebella als die schwimmenden Arten. Das gleiche beobachtet man an land- lebigen Eidechsen und den schwimmenden großen Sauriern. Wo immer man untersucht, jedesmal zeigt sich die Entwicklung der einzelnen Hirnteile von der Lebensweise durchaus abhängig. Damit gewinnen aber auch Beobachtungen an Teilen, über deren Funktion noch gar nichts bekannt ist, besonderes Interesse weil sie sofort die Frage nach der Funktion aufwerfen lassen. Es kann kein Zufall sein, muß vielmehr tiefe physiologische Bedeutung haben, daß ein einziges Ganglion durch die ganze Tierreihe vorhanden ist, das Ganglion habe- nulae, dessen Form und Verbindungen von Petromyzon bis zum Menschen ganz gleichartig immer wiederkehren, ja dessen relative Größe kaum variiert. Zu den Nerven, die auch überall ganz gleichartig entspringen, gehört der Opticus, dessen enge Beziehungen zum Mittelhirndache sich erst zu Gunsten des Geniculatum laterale lockern, wenn die Hirn- rinde an Bedeutung gewinnt, die mehr mit dem Geniculatum als mit dem Mittelhirndache zusammenhängt. Dann muß der Olfactorius erwähnt werden. Der Hirnlappen, in dem er endet, gehört zum ältesten Besitze der Vertebraten. Es gibt keine Wirbeltiere, die Wale ausgenommen, ohne Olfactorius und selbst da, wo der Geruchsinn, wie beim Chamaeleon etwa, nur ge- ringe Rolle spielt, kommt es nur zu einer Atrophie. Der Olfactoriusendbezirk an dem frontalen Ende des Gehirnes, ein Feld für den centralen Trigeminus (Oralsinn) und der beiden immer eng verbundene ebenfalls nie fehlende Bezirk des Striatum sind die einzigen regelmäßig am Vorderhirn nachweisbaren Teile. Nun muß als ein Hauptgewinn der bisherigen Studien ausgesprochen werden, daß der ganze Mechanismus vom Rückenmarkende bis zum Riechnerven bei allen hohen und niederen Vertebraten im Prinzipe überall ganz gleichartig angeordnet ist, daß also für die ein- fachsten Funktionen durch die ganze Reihe hindurch gleichartige Unterlagen bestehen. Erst mit dem Auftreten des Großhirnes ändert sich das Verhältnis total. Jetzt, schon von den Selachiern, sicher von den Amphibien ab tritt ein Apparat auf, der sich über jenes Palaeencephalon schaltet. In kontinuier- licher Reihe nimmt er durch die Amphibien bis zu den Säugern