Der Antimercurialismus in der Syphilis-Therapie, literatur-historisch betrachtet / von J.K. Proksch.

  • Proksch, J. K. (Johann Karl), 1840-1923.
Date:
1874
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Credit: Der Antimercurialismus in der Syphilis-Therapie, literatur-historisch betrachtet / von J.K. Proksch. Source: Wellcome Collection.

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    Die topische Beliandlung der syphilitisciien Affecte wird heut zu Tage immer noch zu sehr unterschätzt; am sorgfältigsten sah ich dieselbe auf Professor von Sigmund's Abtheilung durchge- führt. Eine Schrift über diesen, auch in unsern Lehrbüchern ver- nachlässigten Gegenstand, von Prof. v. Sigmund selbst, oder von einem seiner Assistenten: Dr. Grünfeld und Dr. v. Vajda, wäre gewiss allerwärts gut aufgenommen. Das Hauptsächliche über von Sigmund's topische Behand- lung lässt sich eigentlich in ein Wort, nämlich: Reinlichkeit, zu- sammenfassen. Es ist diese jedoch eine Reinlichkeit, welche eigens gelernt und geübt sein will. Ich habe an andern Orten auch Reinlichkeit gefunden, doch war dies wieder eine andere; ich möchte jedoch die Sigmund'sche Reinlichkeit befürworten-. Demjenigen Leser, welcher diese Unterschiede nicht aus eigener Anschauung kennt und dem meiner „Rede Sinn dunkel sein könnte, will ich mich durch ein Gleichniss verständlich zu machen suchen: Drei Hausfrauen legen dem Leser je ein frischgewaschenes und sauber geplättetes Hemd ihres Ehegesponnsen einzeln zur Be- sichtigung vor. Der Leser prüft sie nacheinander und findet an keinem Etwas von Bedeutung auszusetzen. Nun legen aber diese Hausfrauen die Hemden nebeneinander und der Leser bemerkt auf den ersten Blick, dass das eine einen Stich in's Graue, das andere eine bedenkliche Nuance von Gelb zeigt und dass das der dritten Hausfrau das relativ weisseste ist. — Lieber Leser! es war mir nicht um einen schaalen Scherz zu thun: ich habe durch meine Beobachtungen die Ueberzeugung gewonnen, dass scrupu- löse Reinlichkeit bei Syphilis, namentlich den geschwürigen For- men derselben, das Meiste vermag und doch nicht allenthalben verstanden und geübt wird. Ad 4. Die Geschichte weist allerdings zwei lange Zeiträume auf, in welchen das Quecksilber bei vielen, ja den meisten Aerz- ten um seinen Credit gekommen war; doch gab es, wie erweislich, auch in jenen Zeiten immer noch eine Anzahl Aerzte, welche von dem Mittel nicht Hessen, dasselbe mit Nachdruck vertheidigten und selbstverständlich auch anwendeten. Ebenso gab es Kur- pfuscher in Menge, welchen sich viele verschämte und unwissende Kranke seit jeher am liebsten anvertrauen. In Wien und der Umgebung sind heute noch viele, aus syphilitischen Abtheilungen entlassene Wärter, welche alle erdenklichen Quecksilberkuren,