Die Temperamente : ihr Wesen, ihre Bedeutung für das seelische Erleben und ihre besonderen Gestaltungen / von Eduard Hirt.

  • Hirt, Eduard.
Date:
1905
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Credit: Die Temperamente : ihr Wesen, ihre Bedeutung für das seelische Erleben und ihre besonderen Gestaltungen / von Eduard Hirt. Source: Wellcome Collection.

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    als Temperament bezeichneten Eigenarten des seelischen Ablaufes und den übrigen Äusserungsweisen der verschiedenen Veranlagungen waltet, und dann um die Darlegung der Beziehungen zwischen Temperament und Erfahrung. Diese Aufgaben sollen an der Hand einer Skizzierung der seelischen Vorgänge erledigt werden. Die Körperwelt, das eigene Körperich mit inbegriffen, lässt sich physikalisch bekanntlich in ein Gewoge von Bewegungsvorgängen auf- gelöst denken. Teile dieses Wellenspieles fluten durch die reizaufneh- menden Organe unseres Nervensystemes in unseren Körper herein, durch ihn hindurch, und werden in mannigfach abgeänderter Weise durch unsere Bewegungsorgane wiederum auf unsere Umgebung übertragen. Unser Körperich ist folglich ein Stück des ewig auf- und abflutenden Meeres von Bewegung, das wir Welt nennen. Die oft recht bedeutende Verschiedenheit der Bewegungswellen, die in uns eintreten, von denen, die auf dem Wege der motorischen Bahnen von uns ausgehen, wird durch die wunderbar vielfache und bis jetzt grossenteils unentwirrte Verschlingung der Leitungsbahnen in unserem Gehirne und durch die hier zweifellos stattfindenden Ände- rungen und Umwandlungen der Bewegungsvorgänge bedingt. Auf diesem Wege wird offenbar kinetische Energie in potentielle verwandelt und als solche aufgespeichert, bis eine, von irgend einem Reize aus- gelöste, an sich vielleicht ganz geringfügige Erregung die aufgespeicher- ten Kraftvorräte wieder frei macht. Die wichtige Tatsache, an die sich die weitere psychologische Dar- legung und der ganze psychophysiologische Gedankengang anknüpfen müssen, ist die, dass, während die Erregungswellen gewisse Bezirke des Gehirnes durchlaufen, Bewusstseinserschei- nungen auftreten. Handelt es sich dabei um Wellen, deren Herkommen wir auf einen äusseren Reiz beziehen, so nennen wir die ihnen zugehörigen Bewusst- seinserscheinungen Empfindungen, sind es aber Vorgänge, die zen- trifugal auf unsere eigenen Bewegungsorgane hindrängen, so sprechen wir von Streben, Wollen. Jede Empfindung wird von einem Gefühle begleitet. Dasselbe ist gewissermassen ein Kennzeichen der Stellung, welche unser Ich zu der gerade ablaufenden Erregung einnimmt. Demgemäss bestimmt das Gefühl je nach seinem Charakter Wollen und Nichtwollen, sowie die Richtung des Wollens. Wäre der psychische Vorgang nur von Empfindung und Willen begleitet, so erschiene er uns unmöglich wesentlich verschieden vom spinalen Reflex. Empfinden und Wollen wären dann einfach die sub- jektiven Merkmale einer zentripetalen bezw. zentrifugalen Bewegungs- richtung in den Leitungsbahnen unseres Gehirnes. Erst die Tat-