Tuberkulin und Organismus : eine kritische und literarische Studie zur Wertung des Alttuberkulins in der Gegenwart nach biologischen Gesichtspunkten und auf Grund der bisherigen Erfahrungen : dem Internationalen Tuberkulosekongress zu Paris 1905 gewidmet / von F. Köhler.

  • Köhler, Fritz, 1874-
Date:
1905
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Credit: Tuberkulin und Organismus : eine kritische und literarische Studie zur Wertung des Alttuberkulins in der Gegenwart nach biologischen Gesichtspunkten und auf Grund der bisherigen Erfahrungen : dem Internationalen Tuberkulosekongress zu Paris 1905 gewidmet / von F. Köhler. Source: Wellcome Collection.

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    kulins oder der Menge der Albumosen, welche man dem Organismus einverleibt, die Schwere der Entzündung parallel gehe. Ein Beweis ist indessen dafür nicht erbracht. Ferner ist durchaus nicht festge- stellt, ob der Stärke der Entzündung die Menge der Ausschwemmung, von welch letzterer das Fieber in erster Linie abhängig sein wird, unbedingt entspricht. Der Einzelorganismus bringt demnach, wie ich auch schon an anderer Stelle hervorhob 1), Faktoren zur Geltung, welche die Tuber- kulinwirkung durchaus nicht zu einer unbedingt gesetzmäßigen, vorher bestimmbaren Wirkung stempelt. Im einzelnen kennen wir diese Momente durchaus nicht. Die pathologisch-anatomischen Veränderungen, welche das Tuberkulin im Organismus hervorruft, wurden auf dem Kongreß für innere Medizin, 6.—9. April 1891 (Verhandlungen, J. F. Berg- mann, Wiesbaden), eingehend erörtert. Fast scheint es mir, als ob diese trefflichen Darlegungen namentlich in der Neuzeit ignoriert zu werden pflegen, obwohl sie mit scharfer Kritik die einschlägigen Ver- hältnisse beleuchten und für manche voreilige Rückschlüsse in der ganzen Tuberkulinfrage den ausschlaggebenden Maßstab abgeben sollten. Ziegler legte dar, daß die Kochschen Injektionen Entzün- dungen hervorrufen in der Umgebung des Tuberkels oder zwischen den Tuberkeln. Das Tuberkulin kann nur da wirken, wo das Blut hingelangt. Da nun der Tuberkel immer gefäßlos ist, so kann von einem Einfluß nur auf das vaskularisierte Gewebe in der Umgebung des Tuberkels die Bede sein. Es findet eine stärkere Durchfeuchtung des Gewebes durch den Exsudationsprozeß, zuweilen auch Abscheidung von Fibrin, Ansammlung von Leukocyten statt. Beim Menschen tritt also das primäre nekrotische Absterben des tuberkulösen Gewebes nicht ein, sondern nur hämorrhagische Entzün- dung des Gewebes [Heubner]2). Nun aber ist es außerordentlich wichtig und für die gesamte Tuberkulinwirkung charakteristisch: Die Entzündung ist außer- ordentlich verschieden, — je nach der Dose, den ört- lichen Verhältnissen, nach individuellen Eigenheiten. Unter Umständen kann die Entzündung sehr weit gehen, es kann sich ereignen, daß sie zu einer Verflüssigung, zu einer Vereiterung des Gewebes in der Umgebung des Tuberkels führt (Ziegler). Auf diesen Punkt werden wir auch bei der Erörterung der eventuellen Gefahren der Tuberkulinanwendung noch ein Streiflicht zu werfen haben. 1) Köhler, Zur Tuberkulin frage, Zeitschr. f. Tuberkulose, Bd. 5, 1904, Heft 3. 2) Heubner, Kongreß f. inn. Med. 1891, Verhandlungen. J. F. Bergmann.