Der gegenwartige Stand der Desinfections-praxis : bericht uber die seit dem VI Internationalen Congresse fur Hygiene und Demographie in Wien 1887 bis Mai 1890 ... / erstattet von Florian Kratschmer.

  • Kratschmer von Forstburg Florian, 1843-1922.
Date:
1890
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Credit: Der gegenwartige Stand der Desinfections-praxis : bericht uber die seit dem VI Internationalen Congresse fur Hygiene und Demographie in Wien 1887 bis Mai 1890 ... / erstattet von Florian Kratschmer. Source: Wellcome Collection.

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    Bezüglich seiner Versuche über die Desinfection von Wänden führt Esmarch an, dass er solche mit Gasen und mit trockener Hitze als von vornherein wirkungslos nicht erst angestellt habe. Strömender Wasserdampf büsst natürlich gleich hinter der Austritts- öffnung so viel Wärme ein, dass er mit der für die Desinfection noth- wendigen Temperatur nicht an die Wand herankommt. Wenn man aber den Dampf nach dem Ausströmen durch eine Flamme streichen lässt, so kann derselbe bis auf 200—300 gebracht werden, da er die Heiz- und Verbrennungsgase der Flamme mitreisst. Die Resultate der Versuche, um mittelst auf diese Weise überhitzten, strömenden und mit Verbrennungsgasen geschwängerten Wasserdampfes eine Desinfection von Tapeten zu erzielen, waren nicht befriedigend; überdies können durch den Luftzug des mit Heftigkeit auf die Wand aufprallenden Dampfes die lose daran sitzenden KeimiC abgelöst und ins Zimmer verstäubt werden, ehe die hohe Temperatur dieselben getödtet hat, was dem Desinfectionszwecke gerade entgegenstünde, Esmarch unterzog nun eigens hergerichtete Tapeten der Desinfection durch Waschungen mittelst Lösungen von Sublimat und Carbolsäure, durch Betieselung mit diesen Lösungen und durch Abreiben mit Brod, welches letztere Verfahren zur Reinigung von Wänden und Tapeten schon, lange in Verwendung steht, und verglich die bei diesen Unter- suchungen ex'haltenen Resultate hinsichtlich des Desinfectionserfolges. Das Abwaschen mit den genannten Lösungen kann zwar die Wände nicht absolut keimfrei machen — aber schon nach der ersten, noch mehr nach der zweiten Waschung ist ein bedeutender Erfolg zu bemerken. Da hiebei die Concentrationen der desinficirenden Lösungen keinen Unterschied bewirken, so scheint die Hauptwirkung des Waschens in der mechanischen Abschwemmung zu bestehen, wofür noch weiters spricht, dass durch feuchte Schwämme allein die Wandungen grösstentheils von Keimen befreit werden können. Beim Berieseln der Wände ist zunächst zu bemerken, dass dadurch ein Ablösen der Keime von denselben und Verbreiten in der Zimmerluft nicht zu befürchten ist. Mit sterilisirtem Wasser berieselte und nicht berieselte Stellen einer und derselben Wand zeigen einen gleichen Keim- gehalt. Das Besprayen hat ungefähr denselben Erfolg — die Wirkung des Spray ist daher nicht wie jene einer Waschung in einer mechanischen Abschwemmung zu suchen — denn die Keime bleiben ja, wie soeben bemerkt, dabei an den Wänden haften, sondern in einer Tödtung der Keime an der Wand mittelst des im Berieselungswasser gelösten Desin- fectionsmittels, welches hier länger mit der Wand, respective den Keimen in Berührung bleibt, als beim blossen Abwaschen; berieselte, d. h. mit Spray behandelte Wände bleiben viel länger nass als abgewaschene.