Simulationen und ihre Behandlung : für Militair-, Gerichts- und Kassen-Aerzte / bearbeitet von E. Heller.

Date:
1890
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Credit: Simulationen und ihre Behandlung : für Militair-, Gerichts- und Kassen-Aerzte / bearbeitet von E. Heller. Source: Wellcome Collection.

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    schlauer geworden, sie sind unterrichteter als früher, sie finden eher Anleitung zu erfolgreicher Vortäuschung, sie sind, wenn man diesen Ausdruck von einem Schwindler gebrauchen darf, ehrliebender, als früher, denn sie schämen sich, überführt zu werden und entwickeln daher häufig eine Hartnäckigkeit in ihren Täuschungsversuchen, welche selbst eine dauernde Schädigung des eigenen Körpers nicht scheut. Wie gut es zuweilen ist, einem Simulanten eine Brücke zum Rückzug zu lassen, weiss ja jeder Praktiker. Mit kurzen Worten: Das einzelne Individuum wird höher ge- achtet und kann, auch als Betrüger, nur nach gewissen Rechts- normen behandelt werden und es hat sich selbst in höherem Grade achten gelernt und exponirt sich weniger unvorsichtig der Möglich- keit, als Betrüger entlarvt zu werden. Dazu kommt nun noch die Schwierigkeit, dass ein (so zu sagen) ärztlicher Beweis der Simulation in den seltensten Fällen von prak- tischer Wichtigkeit ist; der Beweis muss auch so geführt werden, dass der Simulant vom juristischen, vom Laien-Standpunkt aus ver- urtheilt werden kann. Der Richter will nicht bloss vom Arzte hören: Der Mann ist nach ärztlichem Ermessen ein Simulant, er will auch Gründe für diese Behauptung und zwar solche Gründe, die auch für den Nicht-Fachmann überzeugend sind. Endlich, und das ist ein sehr wichtiger Punkt, liegt in sehr vielen Fällen gar keine Schwierigkeit vor, zu constatiren, dass ein Mensch in Bezug auf sein angebliches Leiden Unwahrheiten sagt, dass er z. B. nicht so schlecht sieht oder so schlecht hört, als er sich anstellt — ob er aber genügend gut sieht oder hört, um dienst- oder arbeitsfähig zu sein, ist damit natürlich noch lange nicht er- wiesen. Die Feststellung, ob und wie weit ein vorhandenes Leiden übertrieben wird, bietet oft die grössten Schwierigkeiten. Nun könnte man sagen: Der Mann müsste zunächst für sein Lügen bestraft werden, es wäre ihm eine Warnung, vielleicht auch ein Anlass, die Täuschungsversuche überhaupt aufzugeben. Allein offenbare Lügen, welche auf Uebertreibungen beruhen, werden sich schwer juristisch so feststellen lassen, um eine Verurtheilung herbeizuführen, da immer dem Richter die Möglichkeit vorschweben wird, dass nur Ungeschicklichkeit und Schwerfälligkeit (wie es ja in der That häufig der Fall ist) die falschen Angaben des Untersuchten verursachten.