Vorlesungen über Kinderkrankheiten : ein Handbuch für Aerzte und Studirende.

  • Henoch, E. H. (Eduard Heinrich), 1820-1900.
Date:
1883
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Credit: Vorlesungen über Kinderkrankheiten : ein Handbuch für Aerzte und Studirende. Source: Wellcome Collection.

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    mor durch eine weiche Bedeckung (Watte) gegen äussere Insulte mög- lichst zu schützen. Nur der gänzlich Unerfahrene könnte ein Cephalhämatom mit der angeborenen Encephalocele, dem Vorfall des Gehirns oder wenigstens seiner durch Flüssigkeit ausgedehnten Häute (Meningocele) durch eine angeborene Lücke der Schädelknochen verwechseln, indem die scheinbar oder wirklich fluetuirende Beschaffenheit einer solchen Ge- schwulst und der rings um dieselbe fühlbare harte Rand der Knochen- lücke diese Täuschung möglich macht. Der Unterschied liegt aber schon darin, dass der Hirnbrucli in der Regel an einer Stelle vorkommt, welche vom Cephalhämatom des Neugeborenen meistens verschont wird, nämlich am Hinterhauptbein, weit seltener an der Glabella oder am Scheitelbein. Auch das Volumen der Encephalocele ist in der Regel ein kleineres und die aufgelegte Hand kann in einer Reihe von Fällen eine deutliche vom Gehirninhalt herrührende Pulsation wahrnehmen, was beim Cephalhämatom nie stattfindet. Ich will Sie mit einer detaillirten Schilderung dieser Affection, welche Sie in allen chirurgischen und ana- tomisch-pathologischen Handbüchern finden, nicht länger aufhalten, und Ihnen nur einen Fall von einer ungewöhnlich voluminösen Meningo-En- cephalocele mittheilen, welcher sowohl in klinischer, wie anatomischer Beziehung zu den sehr charakteristischen gehört: Ida B., 8Tage alt, am 23.Dec. 1873 auf meine Abtheilung gebracht. Von drei früher geborenen Kindern derselben Mutter soll eins im 6. Monat der Schwanger- schaft mit „offenen Hinterhauptsknochen zur Welt gekommen sein. Schädeldach flach, Gesicht froschartig, Kopfdurchmesser sehr klein (der gerade lV/t, der schräge 14 Ctm.). Von der Mitte des Os oeeip. geht eine mit breiiem Stiel aufsitzende Ge- schwulst aus, welche den Kopfumfang um mehr als das Doppelte über- trifft, ohne Stütze ballonartig hin- und herschwankt und überall, ausser am Stiel, deutlich fluctuirt. Rings um den Stiel fühlt man undeutlich einen Knochenwall. Die Haut des Tumors ist nur an ihrem dem Hinterhaupte zunächst liegenden Theile kranzartig behaart und erscheint, je näher man dem Scheitel der Geschwulst kommt, immer kahler, atrophischer, an einzelnen Stellen zu einer fast durchscheinenden glas- hellen Lamelle verdünnt, vielfach von erweiterten Venen durchzogen und von Hämor- rhagien durchsetzt. Pulsations- und Respirationsbewegungen am Tumor nicht wahr- nehmbar; auch ist derselbe nicht durchsichtig, wenn er gegen das Licht gehalten wird. Der Versuch, die Flüssigkeit aus der Geschwulst in den Schädelraum zurück- zudrängen, gelingt nicht; es tritt dabei weder eine Volumsabnahme des Tumors, noch ein Prallerwerden der klaffenden Suturen und Fontanellen ein. Aus diesem Umstände schloss ich, dass die Communication des Cysteninhalts mit dem Schädelraume durch einen aus Gehirn Substanz bestehenden Pfropf ver- legt sein müsse, dass also hier nicht nur eine Meningocele, sondern eine Meningo- Encephalocele anzunehmen war. Die bedeutende Abflachung des Schädeldaches unterstützte diese Meinung, insofern sie einen Defect des Schädelinhalts anzeigte.