Die Verletzungen des Auges : ein Handbuch für den Praktiker / von E. Praun.

Praun, E.

Date:: 1899

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Credit: Die Verletzungen des Auges : ein Handbuch für den Praktiker / von E. Praun. Source: Wellcome Collection.

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Ausgenommen sind besondei'S diejenigen, die unter dem oberen Lide verborgen sind, da nicht Jedem die Kunst, das obere Lid umzustülpen, geläufig ist. Am häufigsten sind die Fremdköi'per in der unteren Hälfte der Bindehauttasche, dann die unter dem oberen Lide und schliesslich solche, die im Lidspaltteile auf der Augapfelbinde- haut sitzen. Die Art der zufällig in den Bindehautsack geratenen Fremdkörper ist überaus mannigfach und deckt sich im grossen und ganzen mit den im allgemeinen Teile ausführlich aufgezählten. Dazu kommen noch einige seltene Fälle, in welchen Schrotkörner oder Kugelteile in den Bindehautsack oder in die Bindehaut selbst eingedrungen sind. Nicht selten werden ferner absichtliche Beschädigungen hervorgerufen durch Einführen von Fremdkörpern behufs Simulation, besonders zur Erlangung einer höheren Unfallrente; auch bei Geisteskranken kommt derartiges vor. Meist sind es Sand-, Stein- und Kalkpartikelchen, welche die Patienten, wenn sie sich unbeaufsichtigt glauben, einfülii-eu. Jeder Kliniker erinnert sich derartiger Fälle. Kupferteilchen kommen viel seltener vor als auf der Hornhaut. Hirschberg (4) erwähnt in seinem Aufsatze „Kupfer im Auge'' einen Fall, w^o ein 12 jähriger Knabe sein rechtes Auge beim Abfeuern eines Kindergewehres verletzt hatte. Ein kleines Kupfersplitterchen sass unter der Bindehaut zwischen Karunkel und Hornhautrand. Sehkraft und Augenspiegelbefund war normal. Nach acht Tagen wurde unter Kokain die Bindehautfalte mitsamt dem Fremd- körper gefasst, emporgehoben, abgeschnitten und eine Naht angelegt, worauf reizlose Heilung erfolgte. Eisensplitter in der Augapfelbindehaut sind ebenfalls selten und können nur mit Schere und Pincette entfernt werden. Man kann sich hierbei auch schonend des Hir sch b e r gsehen oder Haabsehen Magneten bedienen, obwohl deren Anwendung meist überflüssig ist. Hirseb- be rg (5) erwähnt drei Fälle, in welchen sein Verfahren zum Ziele führte. Viele Fremdkörper finden sich ganz frei in der Bindehauttasche und einige davon mit Vorliebe an bestimmten Stellen derselben, so dass man von einem Lieblingssitze sprechen kann. So finden sich alle losen Partikelchen, mit Vorliebe solche von Kohle, die besonders auf der Eisenbahnfahrt in die Lidspalte gelangen, im Sulcus subtarsalis des oberen Lides, einer seichten Furche, die 2—3 mm oberhalb des freien Lidrandes verläuft; hingegen andere Partikeln, die leichter an der Unterlage haften , häufig frei auf der Bindehaut des Tarsus, selten im Sulcus und niemals im Übergangsteile, wie z. B. Teile von Insektenflügeln und 6amenhülsen, Sand, Kalk und ähnliche Partikeln. Dagegen sind Teile von Ährengrannen und Dornen ausschliesslich in der äussersten Falte des Ubergangsteiles des oberen Lides zu finden. Dieser verschiedenartige Sitz erklärt sich aus den Anstrengungen, die das Auge macht, um den unliebsamen Eindringling zu entfernen. Lose sitzende Partikelchen werden dabei nach der Furche des Sulcus subtarsalis geschwemmt, die als eine Art Kehrichtrinne den Fremdkörper in sich aufnimmt, während zackige und sich festbohrende Fremdkörper sich da finden, wo sie eingedrungen sind und vom Thränen- strom nicht fortbewegt werden können, so dass diese sich meist frei auf der Bindehaut des Tarsus vorfinden. Längliche Fremdkörper endlich werden durch die heftigen Lidbewegungen schliesslich nach der Übergangsfalte hin gewälzt, wo sie am meisten Platz finden und am wenigsten schmerzen, da sie mit der Hornhaut niclit mehr in Berührung kommen. Die Lid- bewegungen des Auges, den Fremdköri)er so zu lagern, dass er möglichst wenig Beschwerden macht, lassen eine gewisse Zweckmässigkeit nicht verkennen. Als weitere Befunde in der Bindehauttasche mögen noch erwähnt werden die Krebsaugen, das sind Kalkkonkremente aus dem Magen des Flusskrebses, die in einigen Gegenden eingeführt werden, um kleinere Fremdkörper, die sich an dieselben anhängen sollen, zu „holen, wenn sie aber unter das obere Lid gebracht wurden, selbst nicht mehr lierausbefördert werden können, so dass sie jahrelang sitzen bleiben. So entfernte Verfasser ein Krebsauge, das mehrere Monate unter dem oberen Lide gesessen war und vom Patienten für ein Hagelkorn angesehen wurde. Nach Anzilhan (6) ist es in mehreren Gegenden Frankreichs unter dem Volke Sitte, gegen Augenleiden sogenannte Augensteine anzuwenden, denen eine besondere Heilkraft zuge- schrieben wird. Diese Augensteine sind harte polierte Steine von Granat, Achat, Bergkrystall u. s. w., meist mit einem Durchmesser kleiner als 12 mm, öfters auch auf einer Seite graviert, die mit der glatten Obei-fläche nach dem Bulbus zu in den Bindehautsack eingeschoben werden und oft Monate lang ununterbrochen Tag und Nacht hier verbleiben. Die Leute glauben, dass sie mit Hülfe dieser Steine, die sich in den Familien von Generation zu Generation vererben, von Augen- leiden befreit werden können, und zahlen für dieselben hohe Preise. Häufig finden sich Insekten im Bindehautsack. Eine tote Wanze, die sich dort ertränkt hatte, fand H. Cohn (7) im Bindehautsack eines polnischen Juden. Larven im Bindehautsack wurden öfters gefunden, wie bei Zander und Geissler zu lesen ist; neiierdings fand solche