Wiener klinische Wochenschrift. 59. Jahrg. (n.F., Bd. 2), Nr. 15, 18. Apr. 1947, Festnummer gewidmet dem Entdecker des Penicillins Sir Alexander Fleming gelegentlich seiner Vorträge in Wien 21. und 22. April 1947.

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1947
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Credit: Wiener klinische Wochenschrift. 59. Jahrg. (n.F., Bd. 2), Nr. 15, 18. Apr. 1947, Festnummer gewidmet dem Entdecker des Penicillins Sir Alexander Fleming gelegentlich seiner Vorträge in Wien 21. und 22. April 1947. Source: Wellcome Collection.

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    18. April 1947 Schönbauer, Ueber die Anwendung des Penicillins in der Chirurgie. 229 fellos bei der Wundbehandlung bewährt. Der anfänglichen Begeisterung folgte eine gewisse Ernüchterung. Es zeigte sich, daß sich im Laufe der Jahre sulfonamidresistente Bakterienstämme entwickelten, die auf Behandlung mit die¬ sen Mitteln nicht ansprachen. Es ist verständlich, daß die Spender, die uns Pe¬ nicillin in so großer Menge und so uneigennütziger Weise zur Verfügung stellten, forderten, daß die Patienten zu¬ nächst mit Sulfonamiden behandelt werden. Penicillin ist ein Antibiotikum. Seine Anwendung fußt auf der Beobachtung, daß auf Nährböden, die mit Peni- cillum notatum beschickt wurden, gewisse Bakterien nicht mehr gedeihen können. Der Mechanismus dieser Wirkung ist noch ungeklärt. Ich möchte hier nicht die umfassende amerikanische und englische Literatur anführen, sondern nur berichten, was wir an 896 Fällen gesehen haben. C h i a r i hat im Pathologisch-Anatomischen Institut der Universität in der Zeit vom 25. Mai 1946 bis 31. Dezember 1946 insgesamt 896 Proben menschlichen Untersuchungs¬ materials auf Penicillinempfindlichkeit geprüft. Die nachfolgende Tabelle 2, der Mitteilung Chiaris entnommen, möge Ihnen die Penicillinempfindlichkeit der einzelnen Bakterien aufzeigen. Tabelle 2 Penic empfindlich illin- unempfindlich Staphylococcus pyogenes aureus .... 550 4 Staphylococcus albus. 23 26 Streptococcus pyogenes haemol. 107 1 Streptococcus pyogenes ankaemol.. . . 154 6 Streptococcus mucosus. 3 3 Pneumococcus. 57 0 Micrococcus catarrkalis. 4 0 Aktinbmycespilz. 2 1 Bacillus tetani. 1 0 Bakterium xerosis. 1 1 Sarcinen. 2 2 Bakterium coli. 0 145 Bakterium proteus vulg. 0 106 Bakterium pyocyaneum. 0 24 Bakterium faecale alcal. 0 3 Enterokokken. 0 2 Ist ein Bakterium penicillinempfindlich und haben die Sulfonamide versagt, dann wird die Behandlung mit Pe¬ nicillin eingeleitet. Gärtner hat an der I. Chirurgischen Klinik dieses Thema gründlich bearbeitet, und ich stütze michi im wesentlichen auf seine Ausführungen. Während wir in der ersten Zeit das Penicillin zweifellos zu sparsam an wendeten, rhaben uns die aufklärenden Mitteilungen des Professors C h r i s t i e aus London gezeigt, daß wir nur mit größeren Dosen von Penicillin gute Erfolge erzielen können. Was für die Sulfonamide gilt, gilt auch für das Penicillin. Mangelhaft behandelte Fälle, die eben durch die ungenügende Behandlung penicillinresistent werden, sind nicht nur für den Träger der Infektion, sondern auch Mi¬ die Infektion gefährlich. Schon heute ist die Zahl von sulfon- amidresistenten Fällen beträchtlich; es ist vorstellbar, daß* uns in nächster Zeit auch penicillinresistente Falle viel zu schaffen machen. Fälle, die auf Sulfonamide nicht an¬ sprechen, können nach Penicillinbehandlung zur Ausheilung gebracht werden. Anderseits zeigte eine Beobachtung, daß Penicillin unwirksam blieb und erst das nachfolgende Sul¬ fonamid gute Wirkungen zeitigte. Es handelte sich um einen 36 Jahre alten Patienten mit Meningitis, der an der I. Chirurgischen Klinik zur Beobachtung kam. Es ist uns durch intralumbale bzw. intramuskuläre Injektion von Peni¬ cillin 800.000 OE. nicht gelungen, den Liquor bakterio¬ logisch freizumachen (Streptococcus viridans). Erst die an¬ schließende Irgafenbehandlung, mit hohen Dosen durchge¬ führt, brachte den Patienten zur Heilung. Vielleicht hätten Wir das gleiche Resultat mit höheren Dosen von Penicillin erreicht. Wir verabreichen das Penicillin intramuskulär in Form von Injektionen zu je 25.000 (d. i. 21/2 ccm der aufgelösten Substanz) OE. im Zeitabstand von 4 Stunden. intravenös in isotoner Kochsalzlösung in entspre¬ chender Verdünnung als Dauertropfinfusionen, um einen konstanten Penicillinspiegel im Blut aufrechtzuerhalten, also 5000 bis 10.000 OE. pro Stunde als Dauertropfinfusion, intralumbal ein- bis zweimal täglich nach vorher¬ gegangener Lumbalpunktion, 10.000 OE. intralumbal, lokal bei subkutanen Eiterungen in Salbenform oder mit penicillingetränkten Gazestreifen, bei Gelenkempyemen nach Abpunktieren des Eiters täglich 25.000 bis 50.000 OE. und bei Pleuraempyemen nach Abpunktieren des Eiters wie bei Gelenkempyemen. Daneben wird Penicillin intramuskulär zusätzlich gegeben. .1 Die Dauer der Behandlung bzw. die Menge des ver¬ wendeten Penicillins hängt vom klinischen Befund und von den während der Behandlung wiederholt durchgeführten bakteriologischen Kontrolluntersuchungen ab. Bei leichteren Erkrankungen oder bei besonders penicillinempfindlichen Keimen (Gonokokken- und Pneumokokkeninfektionen) ge¬ nügen in der Regel 200.000 bis 400.000 OE. Durchschnitt¬ lich wird man bei schweren Krankheitsbildern 600.000 bis 800.000 OE. benötigen, in manchen Fällen sind sogar Ge¬ samtmengen von I1/2 bis 2 Millionen, bei Meningitisfällen bis zu 10 Millionen OE. nötig. Bei Unfällen, wo das. Peni¬ cillin prophylaktisch gegeben wurde, haben wir in den meisten Fällen 200.000, manchmal 400.000 OE. verabreicht. Toxische Erscheinungen und Schädigungen wurden nicht beobachtet, auch 2 Millionen OE. werden vom Patien¬ ten ohneweiters vertragen. In der englischen und amerika¬ nischen Literatur wurde anfänglich von Zwischenfällen be¬ richtet, die aber allem Anschein nach auf Verunreinigungen beim Fabrikationsprozeß zurückzuführen waren, denn in späterer Folge wurden solche Reaktionen nicht mehr be¬ schrieben. In unserem Krankengut wird nur von auswärts über zwei Zwischenfälle berichtet; beide Male wurde nach der ersten Penicillininjektion ein schockartiger Zustand beobachtet. Wir haben an der Klinik 185 Patienten mit Penicillin behandelt und genau beobachtet. Von 355 Patienten, denen Penicillin von der Penicillinkommission zur Verfügung ge¬ stellt wurde, haben wir genauen Bericht, so daß wir ein Krankengut von 540 Fällen überblicken und immerhin eini¬ ges über die Wirkungsweise des Penicillins aussagen kön¬ nen. Die besten Erfolge hatten zweifellos die Pneumo¬ kokken- und Gonokokkeninfektionen. Wenn wir daran den¬ ken, daß die diffuse Pneumokokkenperitonitis eine Sterb¬ lichkeit von 900/0 aufwies,* und daß wir jetzt mit Penicillin¬ behandlung keinen Fall von diffuser Pneumokokkenperitonitis verloren haben, so mögen Sie daraus, wenn' es auch nur drei Fälle sind, die Wirksamkeit dieses Präparates ermessen. Die Frage, ob bei Pneumokokkenperitonitis operiert werden soll oder nicht, war bis jetzt nicht entschieden worden. Das Penicillin hat uns die Schwierigkeit der Antwort ab- genömmen. Wir operieren, stellen eine Pneumokokken¬ peritonitis fest und spritzen nach Absaugen des Eiters 200.000 EO. in 20 ccm Kochsalz gelöst, in die freie Bauch¬ höhle. Im Anschluß daran wird Penicillin parenteral ver¬ abreicht. Alle 3 Fälle, die' wir so behandelten, erholten sich' trotz des bei der Operation erhobenen aussichtslosen Befundes sehr rasch und wurden geheilt. Auch der Staphylococcus pyogenes aureus und die zahl¬ reichen Streptokokkenerkrankungen erreichen durch die Peni¬ cillinbehandlung einen hohen Prozentsatz von Besserung und Heilung. Die schweren Streptokokkeninfektionen, die trotz chirurgischer Maßnahmen und hoher Sulfonamidgaben in vielen Fällen letal ausgingen, können jetzt durch Penicillin ,-- äii. ■ . * Kirschner-Nordmann, V/155. Löwen und Burk¬ hardt zitieren Rohr.