Wiener klinische Wochenschrift. 59. Jahrg. (n.F., Bd. 2), Nr. 15, 18. Apr. 1947, Festnummer gewidmet dem Entdecker des Penicillins Sir Alexander Fleming gelegentlich seiner Vorträge in Wien 21. und 22. April 1947.

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1947
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Credit: Wiener klinische Wochenschrift. 59. Jahrg. (n.F., Bd. 2), Nr. 15, 18. Apr. 1947, Festnummer gewidmet dem Entdecker des Penicillins Sir Alexander Fleming gelegentlich seiner Vorträge in Wien 21. und 22. April 1947. Source: Wellcome Collection.

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    18. April 1947 Hruby, Augenärztliche Erfahrungen mit Penicillin. 243 Aber selbst irgendwie noch tragbare Gewebsschädigungen müßten angesichts der Gefahr für das infizierte Auge in Kauf genommen werden. Zweifellos erzeugt das subkon¬ junktivale Penicillindepot beträchtliche Schmerzen, so daß wir im letzter Zeit 5 Minuten vorher 2 bis 3 Teilstriche einer lo/0igen Kokainlösung subkonjunktival injiziert haben. Adrenalin darf nicht hinzugefügt werden, da es das Peni¬ cillin bekanntlich unwirksam macht. Um einen Eindruck davon zu vermitteln, welchen Fort¬ schritt die Penicillinbehandlung postoperativer Infektionen bedeutet, soll hier noch das zuletzt festgesitellte Sehvermögen der mit Penicillin durchgebrachten Fälle angeführt werden; alle die vorher aufgetretenen Infektionsfälle haben — wie bereits erwähnt — zum tatsächlichen oder praktischen Ver¬ lust des Auges geführt. 1. Pat. H., 69 Jahre.Visus 3/24 2. Pat. Sch., 73 Jahre_ „ 3/60 3. Pat. L., 72 Jahre. ,, 1/24, Iridotomie vorgesehen. 4. Pat. H., 66 Jahre. „ 1/24, Retinitis diabetica. 5. Pat. T., 70 Jahre. ,, 1/24, unsicher wegen Demenz. 6. Pat. Z., 64 Jahre. „ 3/36, Retinitis diabetica. 7. Pat. V., 78 Jahre. ,, 6/24 8. Pat. W., 74 Jahre. „ 6/36 9. Pat. S., 56 Jahre ...... „ 1/36, hohe Myopie. Es soll noch hinzugefügt, werden, daß es in allen diesen Fällen zur restlosen Abheilung aller entzündlichen Erschei¬ nungen kam und seither in keinem Falle frische entzünd¬ liche Symptome etwa nach Art eines chronischen, schlei¬ chenden Prozesses aufgetreten sind. In einem Falle haben wir der Patientin zur Iridotomie raten können, da eine Verschwartung der Pupille zurückgeblieben ist, die das Sehen stark beeinträchtigt. In letzter Zeit konnten wir dazu übergehen, mit Peni¬ cillin auch I n f e k t i o n s p r o p h y 1 a x e zu betreiben. Wir haben in Fällen mit klinisch nicht einwandfrei erscheinen¬ der Bindehaut, bei Veränderungen der Tränenwege sowie bei Einäugigen oder in Fällen, bei welchen eine kompli¬ zierte Starextraktion zu erwarten war, den Bindehautsack vor der Operation einen Tag oder mehrere Tage hindurch zweistündlich mit einer Penicillinlösung von 500 bis1 1000 0. E./l ccm behandelt. In keinem dieser vorbehandel¬ ten Fälle ist es zu einer Infektion gekommen, ihre Zahl ist allerdings noch verhältnismäßig gering. Weiter haben wir in Fällen von kompliziertem Operationsverlauf, wie er erfahrungsgemäß relativ häufig von postoperativer Infektion gefolgt ist, unmittelbar nach dem Eingriff ein subkonjunkti- vales Penicillindepot von 20.000 O. E. gesetzt, und auch alle diese Fälle sind günstig verlaufen. Hingegen kann die intramuskuläre Milchinjektion allein, wie einige Fälle ge¬ zeigt haben, eine postoperative Infektion nicht mit Sicher¬ heit verhüten. Unter diesen vorbeugenden Maßnahmen ist die Serie von postoperativen Infektionen an unserer Klinik seit einiger Zeit wieder erloschen, obwohl weder die Ope¬ rationstechnik geändert wurde, noch auch der Allgemein¬ zustand der Starkranken im Durchschnitt eine wesentliche Besserung gezeigt hätte. So hat das Penicillin der gefürchteten postoperativen Infektion selbst unter den obwaltenden ungünstigen Be¬ dingungen bereits ihre Schrecken genommen und uns die gesunkene Operationsfreudigkeit zurückgegeben. Unter nor¬ malen Verhältnissen aber wird das Penicillin bei Weiter¬ führung der erwähnten prophylaktischen Maßnahmen zwei¬ fellos zu einer weiteren Verminderung der an sich schon so niedrigen Infektionsquote, unserer Operationen führen, und selbst die wenigen Fälle, die dann noch auf treten sollten, werden wahrscheinlich ohneweiters zu beherrschen sein. Die Verluste durch postoperative Infektionen werden damit praktisch auf Null herabgesunken sein und die Star¬ operation durch die Hand eines halbwegs geübten Opera¬ teurs und in ihrer heutigen Form zu den erfolgversprechend¬ sten Eingriffen überhaupt zählen. Neben diesen beiden Hauptanwendungsgebieten, näm¬ lich der Gonoblennorrhoe und der postoperativen intra¬ Penicillin infolge der eingangs erwähnten Schwierigkeiten noch stark in den Hintergrund treten; wir verfügen daher bezüglich anderer Erkrankungen gegenwärtig erst nur über begrenzte Erfahrungen an einer gewissen Summe von Einzel¬ fällen. Zunächst war es sehr verlockend, die subkonjunkti- valen Penicillininjektionen auch in Fällen von perforie¬ renden Verletzungen als Infektionsprophylaktikum bzw. als Therapeutikum bei bereits aufgetretener intra¬ okularer Infektion zu versuchen. Eine ähnlich gleichmäßig günstige Wirkung wie bei den postoperativen Infektionen konnte jedoch hier nicht beobachtet werden, ein Umstand, der mit massiveren Infektionen, Verpflanzung der Keime in den hinteren Augenabschnitt sowie mit der Möglichkeit einer Infektion der Vollinse Zusammenhängen dürfte. Lind- ner ist seit einiger Zeit schon dazu übergegangen, bei Auftreten von Anzeichen einer Linseninfektion nach per¬ forierender Verletzung, die Linse operativ zu entfernen; durch diese Maßnahme ist es auch tatsächlich gelungen, Fälle durchzubringen, die sonst aller Wahrscheinlichkeit nach verlorengegangen wären. In solchen Fällen haben wir zuletzt im Anschluß an die Linsenextraktion Penicillin in Dosen bis zu 6000 O. E. auch intraokular instilliert; eine solche einmalige Penicillingabe läßt natürlich von vornher¬ ein keine unmittelbar überzeugende Wirkung erwarten. In jüngster Zeit haben wir auch größere Penicillindosen intraokular gegeben, es muß jedoch erst abgewartet werden, wie die betroffenen Gewebe, namentlich der Glaskörper, auf die Dauer darauf antworten werden. Bei intraokularen Spätinfektionen, wie sie besonders nach fistulierenden Glaukomoperationen, na¬ mentlich aber nach E 11 i o t scher Skleraltrepanation, nicht allzu selten auftreten, scheinen sich subkonjunktivale Peni¬ cillininjektionen als ähnlich wirksam zu erweisen wie nach unmittelbaren postoperativen Infektionen. Auch in Fällen von entzündlichen Erkrankungen im Bereiche des vorderen Augenabschnittes hat sich Penicillin in einigen Fällen gut bewährt. So konnte ein Fall von Blepharitis ulcerosa nach einleitender Lapisbehand¬ lung mit Penicillinsalbe verhältnismäßig rasch geheilt wer¬ den. Fälle von schwerer Konjunktivitis und solche mit katarrhalischen Randgeschwüren der Hornhaut zeigten bei zwölfstündiger Tropfbehandlung mit Penicillin (i/2stündlich) nach 2 bis 3 Tagen gute Ergeb¬ nisse. Mehrere Fälle von Episkleritis bzw. S k 1 e r i t i s konnten durch subkonjunktivale Injektion von je 10.000 0. E. Penicillin durch 5 Tage hindurch geheilt werden, womit gleichzeitig auch die tuberkulöse Aetiologie dieser Fälle ausgeschlossen werden konnte. In Fällen von Hornhautgeschwüren, und zwar auch solchen, die klinisch keine Anzeichen von Infektion zeigten, sowie in Fällen von tiefer Keratitis erwies sich das „Penicillinbad“ in Form einer Berieselung mit einer Penicillinlösung von 1000 0. E./l ccm in der Dauer von 5 Minuten vier- bis fünfmal täglich als wirksam, der Erfolg war gewöhnlich in 5 bis 7 Tagen eingetreten. Bei herpetischen Hornhauterkrankungen ist das Penicillin aller¬ dings wirkungslos, es sei denn gegen eine sekundäre In¬ fektion. Kurz erwähnt sei noch die günstige Wirkung des Peni¬ cillins bei einem Kleinkinde mit m et astatischer 0 p h t h a 1 m i e. Weiter zeigte sich das Penicillin auch in einem Falle von frischer luetischer Neuritis nervi optici bei einer einäugigen alten Patientin wirksam, die einem Stuprum zum Opfer gefallen war. Ein Fall von 0 r - bitalphlegmone bzw. Sinusthrombose bei einem 58jährigen Manne verlief bei Anwendung von Penicillin den¬ noch kompliziert; ein Kind mit ähnlichem Befund kam infolge pyämischer Metastasen ad exitum. Zusammenfassend können wir heute schon fest¬ stellen, daß die Penicillinbehandlung in der Therapie der Gonoblennorrhoe weitere Fortschritte gebracht und sich in der Prophylaxe und Bekämpfung bedrohlicher p o st¬