Die mechanische Behandlung der Nervenkrankheiten : (Massage, Gymnastik, Übungstherapie, Sport) / von Toby Cohn.

  • Cohn, Toby, 1866-1929.
Date:
1913
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Die mechanische Behandlung der Nervenkrankheiten : (Massage, Gymnastik, Übungstherapie, Sport) / von Toby Cohn. Source: Wellcome Collection.

    34/160 (page 22)
    Klopfen in der Regel vermieden werden kann, und daß schließlich die praktische Erfahrung noch niemals Schädigungen durch Tapotement im genannten Sinne kennen gelehrt hat. Was aber die gesteigerte Er- regbarkeit degenerierender Muskeln anbelangt, so könnte sie ebensogut für als gegen die Beklopfung ins Feld geführt werden: das Klopfen würde eben dann nur mit verminderter Kraft auszuführen sein. Wird doch auch die Elektrotherapie solcher Atrophien trotz erhöhter Erregbarkeit ohne Zögern angewendet. — Anders steht es mit Fällen, bei denen Muskel- reizung zu Muskelkrämpfen oder krampfähnlichen Dauerkontraktionen führt wie bei Crampi, Myotonie u. dgl., oder wo die Ermüdbarkeit der Muskulatur hervorstechendes Krankheitssymptom ist und jede Ermüdung durch die Therapie vermieden werden muß, also bei der Myasthenia pseudoparalytica. Hier sollte senkrechtes Tapotement unbedingt unterbleiben. Das flache Tapotieren bewirkt vor allem Hautrötung. Es reiht sich damit den ähnlich wirkenden thermischen, hydrotherapeutischen und elektrotherapeutischen Verfahren, den Einreibungen, Blasenpflastern usw. an. Wie bei diesen Verfahren geht der Erweiterung der Haut- kapillaren eine kurzdauernde Verengerung voran. Für die Neurologie kommt die rein örtlich hyperämisierende Wirkung — auf die reflek- torische wird bald eingangen werden — vor allem bei den vasomotorisch- trophischen Neurosen und zwar bei der Raynaud sehen Krankheit und der Sklerodermie in Betracht. Das Tapotement unterstützt in diesen Fällen die Streichung und Knetung. Ganz besonders bedeutsam sind diereflektorischenWirkungen, die zwar sämtlichen Massagehandgriffen mehr oder weniger, aber (neben der Erschütterung) keinem in so auffallender Weise zukommen wie der Klopfung und zwar vor allem den ,,flachen“ Formen derselben. Diese reflektorischen Wirkungen betreffen das Gefäßsystem und das Zentralnervensystem. Der Goltz sehe Klopf versuch zeigt, daß durch Klopfen der Bauch- decken beim Kaltblüter Herzstillstand ein treten kann. Czermak und Thanhoffer haben bewiesen, daß bei Warmblütern und auch beim Menschen Druck auf die Vagi am Halse Verlangsamung des Pulses, sogar Herzstillstand erzeugt. Bei Streichen einer kalt gewordenen Fuß- fläche tritt auch in der anderen Erwärmung ein, ähnlich oft Gefäß- erweiterung im nichtmassierten Arme bei einseitiger Armmassage (Zablu - dowski); auch nach Wharton Sinkler und Eccles steigt die Haut- temperatur, aber nur die der massierten Stellen, während die Rektum- temperatur sinkt. Während Zabludowski reflektorische Pulsbeschleu- nigung und Blutdrucksteigerung durch Massage bei Warmblütern als Regel ansah, waren die Erfolge Gopadzes unbestimmter und zeigten die Hasebroeksehen Untersuchungen Abnahme der Pulsfrequenz, aber Zunahme des Blutdrucks und der Arterienspannung. Klee ns Versuche jedoch haben bewiesen, daß die Reflexwirkung der Massage auf den Blutdruck davon abhängig ist, ob die Massagehandgriffe, beson- ders das Tapotement, vornehmlich die Haut oder die Muskeln treffen.