Die krankheiten der warmen länder. : Ein handbuch für ärzte / von dr. B. Scheube.

  • Scheube, B. (Botho), 1853-1923.
Date:
1900
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Credit: Die krankheiten der warmen länder. : Ein handbuch für ärzte / von dr. B. Scheube. Source: Wellcome Collection.

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    3. Die Pestpneumonie oder Lungenpest. Auf diese Krankheitsform hat zuerst Childe aufmerksam gemacht. Unter Frost mit darauf folgender Hitze, Kopfschmerz, Schwindel und Gliederschmerzen entwickeln sich die Erscheinungen einer schweren Lungenentzündung: Schmerzen, Gefühl von Zusammenschnürung der Brust, Husten, Auswurf, stark, häufig bis zu 60—70 Atemzügen in der Minute, beschleunigte Respiration, Cyanose, Dämpfung über einem oder mehreren Lungenlappen, Rasselgeräusche. Das Fieber ist hoch, remittierend oder unregelmäßig (s. Fig. 5, S. 18), der Puls frequent und schwach. Dabei besteht maßlose Prostration, Empfindlichkeit peripherer Lymphdrüsen und ein oft bedeutender Milztumor, während, was differentialdiagnostisch von Wichtigkeit ist, wie überhaupt bei der Pest niemals Herpes aufzutreten pflegt (Childe). Der Auswurf be- steht in typischen Fällen aus einer sanguinolenten Flüssigkeit, die manchmal in enormen Quantitäten ausgeworfen wird, und in welcher sich zahlreiche Pestbacillen, entweder in Reinkultur oder gemischt mit anderen Bakterien, wie Diplococcus pneumoniae, Streptokokken oder Influenzabacillen, finden (s. Fig. 6, Taf. I). Rostfarbene Sputa wie bei gewöhnlicher Pneumonie sind selten. Häufig fehlen auch Husten und Auswurf vollkommen (russische Kommission). In den meisten Fällen nimmt die Pestpneumonie einen tödlichen Ausgang, der in 3—4 Tagen durch Lungenödem herbeigeführt zu werden pflegt. Manchmal verläuft die Krankheit unter dem Bilde einer einfachen Bronchitis, ohne ausgesprochene allgemeine und örtliche Erscheinungen, und der Tod tritt ganz unerwartet ein (Hossack). Die Lungenpest kommt sehr viel häufiger vor, als mau gewöhn- lich annimmt, da sie vielfach nicht richtig erkannt wird. Für dieselbe sind Personen, die an chronischen Lungenkrankheiten, namentlich Lungenschwindsucht, leiden, besonders empfänglich, indem anscheinend der Pestbacillus in tuberkulösen Herden einen günstigen Boden für seine Ansiedelung findet. In Pestepidemien steigt daher, wie dies namentlich in Bombay beobachtet worden ist, die Sterblichkeit der Schwindsüchtigen in erschreckendem Grade parallel der Pestmorta- lität an. Wenn auch Lungenblutungen heftiger Art in Bombay nicht be- obachtet worden sind, gehören doch offenbar zu dieser Form der Pest die aus früheren Epidemien beschriebenen Fälle von Pest mit Lungen- blutungen, die manche derselben, wie z. B. die in Gudscherat und Ahmadabad (Indien) 1820 und in Pali 1836, auszeichneten und ihnen einen so eigenartigen Stempel aufdrückten, daß man früher annahm, daß es sich hier um eine der Bubonenpest sehr ähnliche, aber doch von dieser specifisch verschiedene Krankheit handele, und daher neben der orientalischen eine indische oder Pali-Pest unterschied. In anderen Epidemien scheint diese Krankheitsform nicht vorzukommen. In der Hongkonger Epidemie wurde dieselbe nicht beobachtet oder vielleicht auch nicht erkannt. Von der primären Pestpneumonie zu scheiden sind die sekun- dären Pneumonien, welche nicht selten im Verlaufe der Drüsen- pest auftreten. Dieselben kommen entweder durch metastatische, embolische Vorgänge oder durch Aspiration von Pestbacillen bei primärem Sitz der Krankheit in der Mund- oder Rachenhöhle oder auch durch eine sekundäre Infektion zustande.