Gesammelte Beiträge zur pathologischen Anatomie des Ohres und zur Geschichte der Ohrenheilkunde.

  • Tröltsch, Anton Friedrich, Freiherr von, 1829-1890.
Date:
1883
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Credit: Gesammelte Beiträge zur pathologischen Anatomie des Ohres und zur Geschichte der Ohrenheilkunde. Source: Wellcome Collection.

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    krankungen, insbesondere acute Tuberculose, hervorgehen. Leider gibt uns die übliche Statistik noch keinen Aufschluss, wie viele Menschen jährlich in Deutschland, vorwiegend in voller Kraft ihrer Jahre, an Ohreneiterung und ihren Folgen sterben. Gering ist die Anzahl gewiss nicht und lässt es sich mit Bestimmtheit sagen, dass nahezu Alle diese vor einem frühzeitigen Siechthum oder Tode hätten bewahrt werden können, wenn richtige Hülfe und Behandlung zur richtigen Zeit angewandt worden wären. Vergleichen wir nach den letztgenannten Kichtungen die Ge- fahren, welche dem Individuum aus Ohrenleiden erwachsen kön- nen, mit denen, wie sie Augenleiden hervorzubringen vermögen, so muss leider den ersteren der bedenkliche Vorrang der weit grösseren Perniciosität zugestanden werden. Allein wir haben schliesslich noch einen weiteren unheilvollen und entsetzlichen Einfluss zu besprechen, den Krankheiten des Ohres auszuüben im Stande sind. Dieselbe Erkrankung, welche im späteren Alter ein- fach Taubheit oder hochgradige Schwerhörigkeit bedingt, wird, wenn sie beim kleinen Kinde sich einstellt, neben dem Gehör- defect auch die Entwicklung des Sprachvermögens verhindern oder, konnte das Kind schon sprechen, dasselbe wieder zu Ver- luste bringen. In beiden Fällen wird das Kind taubstumm. Im deutschen Reiche befinden sich nach Georg Mayr 38489 Taub- stumme. Die statistischen Erhebungen ermangeln bisher zu sehr einer genauen Unterscheidung, in welchen Fällen die Taubstumm- heit eine angeborene, oder aber in der ersten Lebenszeit vor der Sprachbildung erworbene, oder ob sie in späteren Jahren erst mit Verlust der bereits vorhandenen Sprache eingetreten ist; ferner entbehren wir umfassender Nachrichten, in wie vielen Fällen sie durch pathologische Zustände des Gehirnes und in wie vielen sie durch wirkliche Ohrenkrankheiten erworben wurde. Im Allge- meinen darf man wohl annehmen, dass die grössere Hälfte sämmt- licher Taubstummheiten angeboren und die kleinere Hälfte erst erworben ist. Von letzteren sind ein guter Theil, weil durch tie- fere Gehirnprocesse bedingt, unbeeinflussbar von vornherein; ein weiterer Theil aber hätte sich durch richtige und frühzeitige Be- handlung verhüten, resp. die Gehörschwäche auf einen minderen, oft sehr massigen Grad beschränken lassen, nämlich fast alle jene, welche durch entzündliche und exsudative Vorgänge in der Pau- kenhöhle entstanden, wie sie insbesondere bei Masern, Scharlach, Diphtheritis und Typhus so ungemein häufig vorkommen. Wir v. Tröltsch, Gesammelte Beiträge. 16