Die Permeabilitätspathologie : als die Lehre vom Krankheitsbeginn / von Hans Eppinger.

Eppinger, Hans, 1880-1946.

Date:: 1949

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Credit: Die Permeabilitätspathologie : als die Lehre vom Krankheitsbeginn / von Hans Eppinger. Source: Wellcome Collection.

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Daß aber die Osmose nicht allein ausschlaggebend sein kann, hat schon vor vielen Jahren Heidenhain1 dargetan; er injizierte in Darmschlingen hyper- und hypo- tonische Kochsalzlösungen, die beide in gleicher Weise resorbiert wurden, was unmöglich wäre, wenn es sich bei dem Flüssigkeitsaustausch, wie er in unserem Körper an verschiedensten Stellen zu beobachten ist, nur um osmotische Kräfte handeln würde. Eine osmotische Kraft, wie sie eventuell von Kristalloiden aus- geübt wird, kommt auch schon deswegen nicht allein in Betracht, weil die Kapil- larwände semipermeable Membranen darstellen und eine durch Kristalloide be- dingte Druckdifferenz nur zu bald auf Null absinken würde; osmotisches Gleich- gewicht bedeutet aber Verlust jeglicher 'physikalisch-chemischer Triebkraft, bzw. jeder Flüssigkeitsbewegung — also baldigen Tod. Wir brauchen daher als Triebkraft des inneren Kreislaufes etwas, was einen bleibenden Druck bzw. Zug ausübt; da sich ein solcher nur dann physika- lisch-chemisch verwirklichen läßt, wenn die dazwischengeschaltete Membran für gelöste Teilchen impermeabel ist, so richtet sich unsere Aufmerksamkeit zunächst auf die Beschaffenheit der Kolloide. Das große Verdienst, die osmotische Kraft der Eiweißkörper richtig erkannt zu haben, gebührt Thomas Graham (1861); Starling übertrug dann (1896) diese Erkenntnis auf die Physiologie und zeigte an Hand folgenden Versuches die Be- deutung der Eiweißkörper für die Flüssigkeitsbewegung im tierischen Organismus: er durchströmt zuerst eine Extremität mit physiologischer Kochsalzlösung; wird der Versuch entsprechend lange durchgeführt, so kommt es zu einem Ödem des Beines, ersetzt man aber die Durchströmungsflüssigkeit — also die physiologische Kochsalzlösung — durch eine Flüssigkeit mit entsprechendem Eiweißgehalt, so verschwindet binnen kurzer Zeit das Ödem. Selbst wenn man in das Unterhaut- zellgewebe eine hypertonische Kochsalzlösung injiziert und so an der Injektions- stelle eine beträchtliche Schwellung erzeugt, läßt sich auch dieses Ödem be- seitigen, falls die betreffende Extremität mit Serum durchströmt wird; Kochsalz und Wasser werden vom Eiweiß des Blutplasmas angezogen, was wohl am besten beweist, daß die wasseranziehende Kraft des Serums weniger auf dem osmotischen Druck beruht, als vielmehr auf der Gegenwart von Kolloiden; selbst wenn man den osmotischen Druck der Durchströmungsflüssigkeit durch Zusatz von Salzen be- trächtlich erhöht, läßt sich eine Wasserretention innerhalb des Unterhautzell- gewebes nicht verhindern; im Gegenteil, es kommt meist zu einem noch stärker ausgesprochenen Ödem. Starling zog daher den für die ganze Biologie so bedeut- samen Schluß, daß die Anziehungskraft der Serumeiweißkörper für den Flüssigkeits- austausch innerhalb des Organismus maßgebender ist als ein hoher osmotischer Druck, der eventuell von verschiedenen Kristalloiden ausgeht, allerdings immer unter der Voraussetzung, daß die Kapillarmembran an der Grenze zwischen Blut und Inter- stitium semipermeabel bleibt, also Eiweißkörper nicht durchläßt. Starling leugnet keineswegs die Bedeutung des hydrostatischen Druckes, um noch einmal auf das mechanische Moment zurückzukommen, im Gegenteil, er legt ganz im Sinne von Carl Ludwig darauf größtes Gewicht, denn er betont mehrmals, daß die Flüssig- keitsbeivegung der Hauptsache nach auf ein Wechselspiel zwischen der wasseran- ziehenden Kraft der Kolloide und dem hydrostatischen Kapillardruck zurückzuführen 1 Heidenhain: Pflügers Arch. 1888, Suppl. 43.