Allgemeine Pathologie und Therapie als mechanische Naturwissenschaften / von R. Hermann Lotze.

  • Lotze, Hermann, 1817-1881.
Date:
1842
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Credit: Allgemeine Pathologie und Therapie als mechanische Naturwissenschaften / von R. Hermann Lotze. Source: Wellcome Collection.

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    lieh Kälte, durch eine von den Centraltheilen aus angeregte Rück- wirkung eine nur am lebenden Körper mögliche Zusammenziehung des Hautbindegewebs, die cutis anserina, bewirken, die mit Her- vorpressen der Hautfollikeln verbunden ist. Aus dieser Erschei- nung können wir mit Wahrscheinlichkeit schliessen, dass eine plötzliche Einwirkung der Kälte auf eine lebhaft perspirirende Haut auch in dem übrigen Nervensystem ansehnliche Unordnungen veranlassen kann, noch abgesehn von der Unterdrückung der Per- spiration selbst. Schon der geringe Gehalt des Schweisses an festen Bestandtheilen lässt uns vermuthen, dass die Wirkung der Erkältung nicht auf der Zurückhaltung einer Materia peccans beruhe; es kommt hinzu, dass die Erkältung oft nur von einzel- nen Theilen ausgegangen ist, und dass sie grade von den Theilen aus am stärksten wirkt, die wir am meisten dem Temperatur- wechsel entziehn, die aber nicht die Hauptpunkte der Transspi- ration sind; z. B. die Füsse, der Unterleib. Auch ist keineswegs immer nach Erkältungen die Perspiration unterdrückt, sondern be- deutende Schweisse bestehen neben ihren Folgen fort. Wenn man mithin überhaupt die grosse Ausdehnung beschränkt, in wel- cher die Erkältung allen sonst nicht zu erklärenden Krankheiten untergelegt worden ist, so muss man ihre noch übrig bleibende Wirksamkeit in eine Nervenerschütterung setzen, die selbst nach dem jedesmaligen Zustande der Erregung in den Nerven bald sehr gross, bald Null sein kann; wie man denn beobachtet, dass un- ter gleichen Umständen eine Erkältung bald eintritt bald nicht. Aber auch die Folgen dieser Erschütterung können sehr verschie- den sein. Es kann in der That längere Zeit eine copiöse Ab- sonderung unterbrochen sein, und so entstehn vicarirende Aus- leerungen , besonders in den Organen, die durch Erkältung ,ge- reizt sind, vorausgesetzt, dass sie absondernde sind. So be- wirkt nie leichter, als im heissen Sommer, wo während des Tags viel Schweiss secernirt wird, die scharfe Nachtkühle eine wässrige Diarrhöe. Allein in andern Fällen treten die Folgen am individuellen Orte der grössten Reizbarkeit auf; so folgt die Un- terdrückung der eben fliessenden Menstruation, der Hämorrhoi- den; jeder örtlich kranke Theil zieht diese Folgen auf sich fast ausschliesslich herbei. Dies zeigt, wie verkehrt die gewöhnliche Praktik der Laien und Aerzte ist, die hier den krassen Grund- satz der Allöopathie befolgend, vor allen Dingen den Schweiss zu treiben suchen, worin sie sich selbst dann nicht irre machen