Lehrbuch der Syphilis und der örtlichen venerischen Krankheiten / neu bearb. von Maximilian v. Zeissl.

  • Zeissl, H. (Hermann), 1817-1884.
Date:
1888
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Credit: Lehrbuch der Syphilis und der örtlichen venerischen Krankheiten / neu bearb. von Maximilian v. Zeissl. Source: Wellcome Collection.

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    exspectative Behandlungsmethode. Ausser der exspectativen Behand- lungsmethode kennen wir noch die Behandlung der Syphilis mit Queck- silber, Jod und den vegetabilischen Mitteln. Es unterliegt nun keinem Zweifel, dass das Quecksilber die Erscheinungen der Syphilis in der Mehrzahl der Fälle am raschesten schwinden macht; aber ebenso sicher ist, dass, wenn man den Mercur sehr frühzeitig, d. h. gleichzeitig mit dem Auftreten des syphilitischen Primäraffectes oder des ersten Exan- themes anwendet, die momentan vorhandenen Symptome allerdings rasch schwinden, dafür aber viel häufigere und hartnäckigere Recidive auf- treten, als wenn man der Syphilis anfänglich Zeit lässt, sich auszutoben. Das heisst der Mercur bringt, wenn er in den ersten Wochen des Be- standes der Syphilis angewendet wird, allerdings die Erscheinungen derselben sehr rasch zum Schwinden, ist aber ebensowenig wie die exspectative oder Jodbehandlung im Stande, in sehr kurzer Zeit die syphilitische Diathese zu vernichten, im Gegentheile er verzögert sogar, zu früh angewendet, das Eintreten der vollständigen Heilung. Der Mercur soll nach unserer Ansicht frühestens acht bis zehn Wochen nach dem Auftreten des ersten Exanthemes, entweder wenn dieses einer exspectativen oder Jodbehandlung zu langsam weicht, oder wenn ge- fahrdrohende schwere Erscheinungen von Seiten der Sinnesorgane, der Eingeweide oder des Centralnervensystems auftreten, angewendet werden. Wir halten H. v. Zeissl's Ansicht, „nicht der Mercur ist das Schäd- licbe, sondern der unrichtig gewählte Moment, in dem man denselben gegen die Syphilis anwendet, aufrecht. Unser Verfahren bei der Behandlung der Syphilis ist getreu den Traditionen der H. v. Zeissl'schen Schule kurz das Folgende: Wenn ein Kranker mit einer syphilitischen Initialsklerose behaftet ist, und wir noch keine Zeichen der allgemeinen Lues an ihm nach- weisen können, beschränken wir uns darauf, den syphilitischen Primär- äffect topisch zu behandeln. Treten die ersten syphilitischen Erscheinungen auf der allgemeinen Decke in Form eines maculösen oder papulösen Syphilides auf, so ver- abreichen wir den Kranken auch für den Fall, dass zerfallende Papeln an der Mund- und Lippenschleimhaut oder an den Tonsillen vorhanden sind, keine Antiluetica, sondern trachten durch das vollständige Ver- bieten des Rauchens, durch Betupfen der Schleimhautpapeln mit Lapis in Substanz, durch häufiges Bepinseln derselben mit Tanno-Glycerin (Tannin p. 5,00, Glycerini p. 20,00) die Schmerzhaftigkeit zu mildern und die Involution der Papeln herbeizuführen. Sind die Erscheinungen nach Verlauf von acht Wochen nicht zurückgegangen, oder macht sich keine wesentliche Besserung bemerkbar, so verabreichen wir dem Kranken Jodpräparate. Wenn nach weiteren acht Wochen der Symptomencomplex noch nicht vollständig geschwunden oder auch dann, wenn die Erscheinungen schon abgelaufen sind, kann man ohne weiteren Nachtheil für den späteren Verlauf zur Quecksilberbehandlung übergehen, und wenden wir mit be- sonderer Vorliebe das Zittmann'sche Decoct oder die Einreibungen mit grauer Salbe an. Wenn wir so vorgehen, brauchen wir meist eine geringere Anzahl von Einreibungen, um die Symptome der Syphilis zum Schwinden zn bringen, als wie wenn wir gleich von Anfang an Mercur angewendet hätten. Die innerliche und subcutane Anwendung der Mer-