Lehrbuch der Syphilis und der örtlichen venerischen Krankheiten / neu bearb. von Maximilian v. Zeissl.

  • Zeissl, H. (Hermann), 1817-1884.
Date:
1888
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Credit: Lehrbuch der Syphilis und der örtlichen venerischen Krankheiten / neu bearb. von Maximilian v. Zeissl. Source: Wellcome Collection.

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    Hälfte der Harnröhre Lacunen gibt, welche mit ihrer Mündung gegen die Blase zu sehen. Dieser Umstand erklärt vielleicht die Hartnäckig- keit des Tripperprocesses in dieser Partie der Harnröhre durch die Behinderung des Eiterabflusses (Singer)^). Diese Stelle der Harn- röhre scheint für die definitive Heilung des Trippers die gefährlichste Klippe zu sein. Der entzündliche Harnröhrentripper kann nämlich in seiner Wanderung von der Fossa navicularis zum häutigen Theil der Harnröhre an allen Punkten sistirt werden, indem er mehr und mehr den mucösen Charakter annimmt und endlich erlischt. An der Pars membranacea aber pflegt der Tripperprocess nicht nur deshalb eine andere bedeutungsvolle Wendung zu erfahren, weil die oben citirten Follikel vereitern und das sogenannte Trippergeschwür bilden, son- dern es entstehen hier mit Vorliebe auch andere anatomische Verände- rungen der Schleimhaut, namentlich Schwielen, welche dadurch, dass sie ihrerseits zu Stauungskatarrhen Veranlassung geben, den Tripper- process bedeutend alteriren und auf dessen Verlauf und Dauer einen höchst nachtheiligen Einfluss nehmen. Zur Verzögerung des an der Pars membranacea und prostatica angelangten Tripperprocesses geben allerdings in erster Linie die soeben erwähnten Gewebsveränderungen (Trippergeschwür und Schwielen) Ver- anlassung. Erfahrungsgemäss tragen aber auch gewisse habituelle Zustände in bedeutender Weise dazu bei, dass der einmal chronisch gewordene Harnröhrenkatarrh eine ungewöhnliche Hartnäckigkeit er- langt. So kann man täglich die Beobachtung machen, dass bei scro- phulösen, tuberculösen, blutarmen Individuen, sowie bei Hämorrhoidariern, bei gichtischen und mit Rheuma behafteten Individuen der Harnröhren- tripper in den hinteren Partien der Harnröhre eine oft unversiegbare Quelle findet. Alle von der Blase oder vom Mastdarm aus auf die hinterste Partie der Harnröhre fortgepflanzten Reizungen, durch Würmer (Ascariden) oder durch Harngries und Harnsand, sind ebenfalls im Stande die Heilung des Trippers im hohen Grrade zu verzögern und dem Tripperprocesse denjenigen Charakter zu verleihen, wodurch er zum chronischen oder torpiden Harnröhrentripper gestempelt wird. Chronischer oder torpider Harnröhrentripper des Mannes. Der krankhafte Zustand der männlichen Harnröhre, den man all- gemein als chronischen Tripper bezeichnet, Hesse sich am besten als persistentes, mucöses Rückbildungsstadium des Harnröhrentrippers be- zeichnen, bei welchem jedoch das schleimige und epithelienhaltige Secret spärlicher und nur zeitweise, namentlich des Morgens in kleinen Quantitäten in der Harnröhrenmündung bemerkbar wird oder von sorg- samen, in derlei Dingen geschulten Kranken mittelst Daumen und Zeige- finger hervorgepresst wird. Dabei geht das Pissen, wenn die Mündung der Harnröhre durch das spärliche, sich leicht eindickende Secret nicht verkleistert ist, gewöhnlich ganz leicht von Statten, und es machen sich keine allgemeinen und auch sehr oft keine sensitiven Störungen im Bereiche der Harnröhre bemerkbar. Nur in einzelnen Fällen klagen die Kranken über ein zeitweiliges prickelndes Gefühl in der Gegend ^) Zeitschrift der Gesellschaft der Aerzte in Wien 1856.