Lehrbuch der Syphilis und der örtlichen venerischen Krankheiten / neu bearb. von Maximilian v. Zeissl.

  • Zeissl, H. (Hermann), 1817-1884.
Date:
1888
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Credit: Lehrbuch der Syphilis und der örtlichen venerischen Krankheiten / neu bearb. von Maximilian v. Zeissl. Source: Wellcome Collection.

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    loser Schlauch und wird der Harn nur durch die nachströmenden Quantitäten gleichsam durch die Vis a tergo ausgeschieden. Obwohl die Blase gefüllt ist, geht der Harnstrahl dennoch viel dünner und langsamer ab, er beschreibt keine Parabel, sondern wird tropfenweise entleert. Zu- weilen ist die Triebkraft der Blase wesentlich abgeschwächt und fühlen einzelne Kranke gar nicht, dass ihre Blase gefüllt und nur der Umstand, dass sie sich erinnern, längere Zeit nicht gepisst zu haben, veranlasst sie, ohne dass sie durch von selbst eingetretenen Harndrang dazu getrieben wurden, die Blase zu entleeren. In seltenen Fällen stellt sich aber schon am 3. oder 4. Tag des Bestandes des Trippers häufiger Harn- drang ein. Dieser ist durch die gleichzeitige Erkrankung der Pars membranacea und prostatica oder der Blase in Folge des Trippers be- dingt. Bei der Hyperämirung des Harnröhrenschlauches participiren übrigens auch die sämmtlichen Schwellkörper des Gliedes und der Harnröhre, weshalb das Membrum virile sich fortwährend in halb eri- girtem Zustande befindet, durch welchen Vorgang die Urethra eben- falls vorübergehend comprimirt und verengt wird. Das stetig sich ver- mehrende purulente Secret wird in Gestalt schwerer, consistenter, gelb- grüner Tropfen aus der Harnröhrenmündung gestossen. Fängt man in dieser Phase der Erkrankung den Harn des Kranken in einem Glas- gefässe in geringer Menge auf, so erscheint dieser durch das ihm bei- gemengte purulente Secret molkig getrübt. Im überschüssigen Harn macht sich aber das eiterige Secret dadurch bemerkbar, dass die Eiter- körperchen wie Staubtheilchen oder milbenartige Gebilde in demselben herumschwimmen und sich allmälig zu Boden senken, weil die Eiter- körperchen eben specifisch schwerer sind, als die Schleimflocken und die Epithelien des schleimigen Katarrhs und als der Harn selbst. Das Secret färbt fast ausnahmslos das rothe Lakmuspapier schwach blau und zeigt unter dem Mikroskope vorherrschend grosse Eiterzellen nebst Schleimzellen und Epithelien, zuweilen einzelne Blutkörperchen und die früher beschriebenen Neis s er'schen Diplococcen, welche aber bei sehr reichlichem Secrete mitunter nur spärlich nachzu- weisen sind. Bei hochgradiger Entzündlichkeit des Tripperprocesses der männ- lichen Harnröhre machen sich nicht selten wenige Tage nach dem Be- ginne der Eiterung krankhafte Störungen des Allgemeinbefindens be- merkbar. Die Kranken werden von einem allgemeinen Unbehagen be- fallen, es treten vorherrschend mit gastrischen Erscheinungen gepaarte Fieberbewegungen auf, die Gesichtsfarbe zeigt eine krankhafte Blässe, das frühere gute Aussehen des Kranken schwindet mit einem Schlage. Diese Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens ist jedoch nicht als das Ergebniss einer directen Einwirkung des Trippercontagium auf das Blut aufzufassen, sondern ist blos die Folge des fortwährenden Schmerzes und des gestörten Schlafes. Man hat behauptet, dass die Absonderung des Trippersecretes der Harnröhre während des Tages reichlicher sei, als zur Nachtzeit. Diese Behauptung beruht jedoch auf Täuschung. Während des Tages, wo sich der Kranke ausserhalb des Bettes befindet und seinem Berufe nachgeht, wird durch die aufrechte Stellung des Körpers die Ausscheidung des Secretes und die Ansammlung desselben auf der Leibwäsche begünstigt, zur Nachtzeit hingegen, wo der Kranke im Bette verweilt, sammelt sich das Secret für längere Zeit im Harn-