Volume 2

Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten : für Studirende und Aerzte / von Adolf Strümpell.

Date:
1892
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Credit: Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten : für Studirende und Aerzte / von Adolf Strümpell. Source: Wellcome Collection.

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    Theilen ist wahrscheinlich nicht selten die Ursache einer Störung des „Drucksinns“. 4. Temperatur sinn. Wie schon oben (S. 4) angedeutet, ist man neuerdings durch physiologische Untersuchungen (Goldscheider u. A.) immer mehr und mehr zu der Anschauung gelangt, dass die Empfindungen für Kälte und Wärme als zwei ganz verschiedene Func- tionen der Hautnerven aufzufassen sind, die aller Wahrscheinlichkeit nach auch von verschiedenen Nervenendigungen und Nervenfasern ver- mittelt werden. Mit dieser Auffassung stimmen, wie wir auf Grund vielfacher eigener Beobachtungen bestätigen können, auch die patholo- gischen Erscheinungen vollkommen überein. Denn wir sehen, dass die Veränderungen in der Temperaturempfindlichkeit der Haut sich keines- wegs immer gleichmässig auf den Wärmesinn und auf den Kältesinn beziehen. Es ist daher durchaus nothwendig, diese beiden Arten der Temperaturempfindung stets gesondert zu prüfen. Man findet dann nicht selten bei vollkommen gut erhaltener einer Art der Temperatur- empfindung starke Veränderungen der anderen, also ausgesprochene pai'tielle Kälteanästhesie oder partielle Wärmeanästhesie. Dabei können die betreffenden Empfindungen nur abgestumpft sein, so dass also heisses Wasser blos „lau“, Eis blos „kühl“ empfunden wird, oder sie sind vollständig erloschen. Im letzteren Fall bewirkt das Anlegen eines heissen oder eines kalten Gegenstandes nur eine Berührungsempfindung, aber gar keine Temperaturempfindung. Ist Kälteanästhesie vorhanden, so geben die Kranken nicht selten an, beim Berühren der Haut mit Eisstückchen eine deutliche Wärme- empfindung zu habeu. Diese von mir gefundene und als „pervet'se Temperatui'empßndung“ bezeichnete Erscheinung Hesse sich am ein- fachsten durch die Annahme erklären, dass hierbei durch den starken Kältereiz die „Wärmenerven“ in Erregung versetzt würden. Sehr viel seltener ist die umgekehrte Erscheinung, dass Wärmereize eine deut- liche Kälteempfindung hervorrufen. Ausser den Temperaturempfindungen selbst untersucht man ge- wöhnlich auch die Fähigkeit der Kranken in der Auffassung von Tem- peraturunlerschieden. Innerhalb der mittleren Temperaturgrade (25 bis 350 C.) werden Differenzen von '/20 C. von gesunden Patienten noch deut- lich unterschieden, im Gesicht und an den Fingern sogar von 0,20 C., am Rücken dagegen erst von ungefähr 1 o C. Abweichungen des Temperatursinns sind sehr häufig. Man findet sie nicht selten (namentlich bei Rückenmarkskranken) auch in solchen Fällen, wo die einfachen Berührungsempfindungen noch vollständig er-