Die Hysterie nach den Lehren der Salpêtrière : Normale oder interparoxysmale Hysterie.

  • Gilles de la Tourette, Georges, 1857-1904.
Date:
1894
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Credit: Die Hysterie nach den Lehren der Salpêtrière : Normale oder interparoxysmale Hysterie. Source: Wellcome Collection.

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    Verletzungen, Drohungen. An ihrem Hochzeitstage erschreckt sie die Anwesenden durch ihren Aufregungszustand; in dem Stadium der Er- regung spricht sie nur von Reichtum, Schlössern, reichen Heiraten etc. So geht die Beobachtung in derselben Gedankenreihe weiter und giebt uns ein Bild eines Falles von akutem Delirium bei einer Degene- rierten. Aber warum diese Unglückliche des hysterischen Kindesmorcttes beschuldigen? Soll man hier nicht mit dem bekannten Ausspruche sagen: „Hysterie, welche Verbrechen begeht man in deinem Namen! Diese sonderbaren Ansichten, welche noch über den Geisteszustand der ein Vergehen oder ein Verbrechen verübenden Hysterischen in Um- lauf sind und die aus ihr den Sündenbock für alle in abnormen psychi- schen Zuständen verübten Fehler machen, findet man auch mit einiger Variation bei der Beurteilung der Angriffe auf das eigene Leben, des Selbstmordes, wieder. Es ist eine sonderbare Erscheinung, dieselbe Hysterische, die ab- wechselnd diebisch, lügnerisch, ehebrecherisch war, Mordanfälle begeht, hat sozusagen nicht mehr das Recht, ihrem Leben ein Ende zu machen. Es ist nur die Simulation des Selbstmordes: „Die Hysterische lügt im Tode, wie sie in allen Dingen lügt: das gehört zu ihrer Rolle1). Wir wollen noch einige andere Autoren zitieren, die sich mit dem Gegenstande beschäftigt haben und bei denen die Einbildung noch mehr ausschweifte, wie bei ihren Patienten. Wir werden dann lernen, uns vor einem gewissen litterarischen Lyricismus in Acht zu nehmen, dem be- sonders einige der Autoren gehuldigt haben, die sich mit dem Geistes- zustände der Hysterischen befasst haben. „Bei den Hysterischen, sagt Legrand du Sau 11 e a), ist die Neigung zum Selbstmord ziemlich häufig, aber sie zeigt einige besondere Züge. Bei den gewöhnlichen Formen der Geistesstörung sind die Selbst- mordgedanken gewissermassen die logische Folge falscher Selbst- beschuldigungen (Melancholie, Verfolgung, Furcht vor Schande, vor dem Ruin); bei den Hysterischen treten sie dagegen ganz unmotiviert auf. Sie sind durch nichts begründet; es ist eine Erschütterung, eine Art zu- fälligen Schwindels, ein Impuls im wahrsten Sinne des Wortes. Uebrigens macht der hysterische Selbstmörder meist mitten im Wege Halt, nur selten kommt es wirklich zum Selbstmord. Häufig findet man in den Vorbereitungen, die der Ausführung des Aktes vorhergehen, das Bestreben der Kranken, die Umgebung auf sich aufmerksam zu machen. Sie führt ihr Vorhaben nicht wie andere Leute aus: die eine will sich durch ihre Lieblingsbonbons umbringen, eine andere sucht sich öffentlich und osten- tativ zu vergiften. Und in der Rearel verfehlt das Manöver seinen Zweck nicht. •i Taguet. Du suicide dans l'hystei'ie. Ann. medieo-psych., 5. Reihe, Bd. XVII, 1877, S. 346.