Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten : für Aerzte und Studirende / bearbeitet von Maximilian Leidesdorf.

Date:
1860
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Credit: Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten : für Aerzte und Studirende / bearbeitet von Maximilian Leidesdorf. Source: Wellcome Collection.

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    \ 7 Nicht auf die Störungen des Gemüthes, des Vorstellens und der davon abhängigen Willensakte beschränkt sich die Symptomengruppe, die man an Irren beobachtet, auch das Gemeingefühl, der Sin- nes- und Muskelapparat, kurz aUe vom Gehirne abhängigen Funk- tionen sind vielfachen Störungen unterworfen. — Das Gemeingefühl geht aus der Summe der Erregungen hervor, welche sämmtliche centripetale Nerven des Körpers dem Ge- hirne fortwährend zuleiten, und hier auf den centralen Empfindungs- apparat übertragen, der das ganze als die einfache, aber qualitativ verschiedene Empfindung eines allgemeinen Gefühles percipirt. Es bildet daher das Gemeingefühl ein grosses Feld wechselnder Gefühls- zustände, eine ergiebige Quelle von Stimmungen dar; und indem man es als den Reflex sämmtlicher Vorgänge im Organismus auf das em- pfindende Nervensystem zu betrachten hat, wird sich schon daraus auf die Häufigkeit der Störungen des Gemeingefühls schliessen lassen. — Die dahin bezüglichen Gefühle, können allgemeine, orts- und ge- genstandslose sein, oder sich auf einzelne Organe und Körpertheile beziehen. Sie werden häufig durch die periphere Erregung der centripetalen Nerven erzeugt. Es kann aber auch die centrale Er- regung dieser Nerven, sich auf die entsprechenden Theile des Kör- pers verbreiten, und daselbst gewisse Gefühle erzeugen, die ihrer- seits wieder zum Bewusstsein gelangen und schon vorhandene Vor- stellungen und Stimmungen verstärken können, die dann in Thaten und Handlungen nach aussen treten. — So kann z. B. eine angefüllte Harnblase, oder ein örtlicher Reizungszustand der Zeugungsorgane erotische Vorstellungen veranlassen, so wie letztere die Thätigkeit der Geschlechtsorgane .anregen. — Eine unredliche Handlung kann Beklemmung und Angstgefühl erzeugen, eben so wie die Beklemmung und das Angstgefühl bei Herz- oder Lungenkranken, sie zu Vor- stellungen von begangenen Verbrechen, von bevorstehender Ver- folgung u. s. w. veranlassen kann. Diese Wechselwirkung von Ge- fühlen und Vorstellungen ist eine Hauptquelle psychopathischer Zu- stände.