Grundriss der Physiologie des Menschen / von L. Hermann.

Date:
1867
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Credit: Grundriss der Physiologie des Menschen / von L. Hermann. Source: Wellcome Collection.

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    ZU haben. Hier wird sie, obgleich noch nicht streng bewiesen, der Darstellung des menschhchen Organismus überall stillschweigend zu Grunde gelegt werden. Der menschliche und jeder thierische Körper ist ein Organis- mus, in welchem durch Oxydation seiner eigenen Bestandtheile Kräfte frei werden, d. h. Spannkräfte in lebendige Ki-äfte über- gehen.*) Letztere erscheinen als die Leistungen oder Arbeiten des Körpers. Spannkräfte sind im Organismus dadurch gegeben, dass in ihm Stoffe, welche die Neigung haben, mit einander in Verbindung zu treten, beständig im Vorrathe getrennt nebeneinandei- vorhanden sind, nämlich einerseits der oxydirende Sauefstoff, andererseits das oxydirbare Körpermaterial. Werden durch das Eintreten der Ver- bindung, also durch Oxydationsprocesse, jene Spannkräfte frei, so entstehen Bewegungen, und zwar die verschiedenen Formen derselben, welche man als mechanische Arbeit (Massenbewegung) oder als Wärme u. dgl. (Molecularbewegungen) wahrnimmt. Diese Bewegungen heissen die Leistungen des Organismus. Als eine Leistung in diesem Sinne, und zwar als mechanische Arbeit, müssen auch die regelmässigen Veränderungen in den Gestalten der Formelemente angesehen werden, welche man als Wachs- thimi, Theilung etc. bezeichnet. Das Freiwerden von Kräften bei der Oxj'dation (wofür die gewöhnliche Verbrennung das bekannteste Beispiel bietet) erklärt sich nach den jetzt herr- schenden Anschauungen etwa folgendermassen: Zwei Molecüle, welche die Neigung haben sich zu verbinden, (welche z. B. chemische Verwandtschaft besitzen, wie ein Kohlenstoff- und ein Sauerstoffmolecül), repräsentiren, solange sie durch irgend welchen Umstand an der Vereinigung gehindert sind, ein gewisses Quantum von Spannkraft. Bewegung der Molecüle, also lebendige Kraft, kann erst dann ein- treten, wenn jenes Hinderniss hinweggeräumt ist. Ist dies geschehen, so tritt zu- nächst die Vereinigung ein, d. h. die erste Bewegung, durch welche sich die frei gewordene Spannkraft geltend macht, ist ein Zusammenfahren der beiden Mole- cüle. Nach dem Gesetze der Erhaltung der Kraft kann aber eine freigewordene Kraft nicht spurlos verschwinden, sondern muss in irgend welcher Form lebendig *) Die hier gebrauchten Begriffe der Spannkraft und lebendigen Kraft, sowie die Gesetze ihrer Umwandlungen (Gesetz der Erhaltung der Kraft) müssen als bekannt vorausgesetzt werden. Eine erschöpfende Erläuterung derselben hier zu geben ist unthunlich, weil eine solche, um leicht verständlich zu sein, einer gewissen Weitläufigkeit, mimentllch abordos Gebrauchs von Beispielen, nicht entbehren könnte. Dieser Gegenstand kann nicht trefflicher dargestellt werden, als in der populären Schrift von Hclraholtz: „Ueber die Wcobselwirkung der Naturkrfifte, u. s. w. Ein Vortrag etc. Königsberg 1854, auf welche hiermit verwiesen wird.