Beitrag zur pathologischen Anatomie und Pathogenese der Mikrophthalmie, der Colombildung und des Glioms / von A. Pichler.

  • Pichler, A.
Date:
1900
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Credit: Beitrag zur pathologischen Anatomie und Pathogenese der Mikrophthalmie, der Colombildung und des Glioms / von A. Pichler. Source: Wellcome Collection.

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    Die Amnionflüssigkeit hat eine rein mechanische Auf- gabe, sie soll den Embryo vor äusseren Schädlichkeiten schützen, sie soll seinen einzelnen Teilen genügenden Spielraum zum Wachstum verschaffen. Ist nun zu wenig von dieser Flüssigkeit vorhanden, so kann sehr leicht auf die sich entwickelnden Teile ein Druck ausgeübt werden, der sie in ihrer Ausbildung hemmen oder wenigstens den arbeitenden Kräften eine andere Richtung geben kann. Einerseits kann die Amnionkappe sich selbst zu eng an den Körper anschmiegen und dadurch einen Druck ausüben, viel häufiger aber dürfte durch sie ein Nachbarkörperteil gegen das Auge angedrückt werden. Es fragt sich daher, welche Gebilde sind geeignet bei Mangel an Amnionflüssigkeit einen solchen Druck auszuüben. Wir müssen da im allgemeinen auf einen Entwicklungs- zustand Rücksicht nehmen, der dem zweiten Monat des embryonalen Lebens entspricht, denn in diesen Zeitpunkt werden wir bei den meisten Spaltaugen den Beginn der Entwicklungs- störung verlegen müssen. Nach den Bildern in His (Anatomie menschlicher Embryonen, Leipzig 1882) sind in diesem Stadium die vorderen Enden der oberen Extremitäten sehr wohl imstande, auf die Augenanlage einen solchen Druck auszuüben, besonders, wenn man die ausserordentlich prominente Lage der Augenblasen berücksichtigt. Untersucht man das Augenblasenmodell genauer in Bezug auf sein Verhalten gegenüber Druckkräften, so findet man, dass Druck von vorne die Spalte in ihrer ganzen Länge klaffen macht, während Druck von unten oder oben nur eine geringe Verbreiterung der Spalte herbeiführt, die nicht in der ganzen Länge gleich ist. Die theoretische Möglichkeit einer solchen Entstehung der Colobombildung ist somit vorhanden. Für die Hasenscharten ist ein solcher Druck schon des öfteren als Ursache in Anspruch genommen worden. Nun kommen aber relativ häufig gleichzeitig mit den uns be- schäftigenden Missbildungen des Atiges auch Hasenscharten vor. Schon v. Arlt hat auf diesen Umstand hingewiesen. Auch in unserm Falle liegt eine beiderseitige Spaltbildung der Lippen und der Kiefer vor. Es ist sehr naheliegend anzunehmen, dass der- selbe Druck, der die Knochen und Weichteile des Oberkiefers an der normalmä ssigen Vereinigung verhindert, auch die benachbarten Atigenblasen treffen kann. Gerade in der allerletzten Zeit hat E. v. Rindfleisch eine Missbildung beschrieben, bei der neben beiderseitiger Hasenscharte auch beiderseitiger Mikrophthalmus mit Lidcolobom vorhanden war. Rindfleisch nimmt an, dass Mangel an entsprechender Amnionmenge diese Missbildungen veranlasst hat.