Eine mit Kohlestückchen durchsetzte Narbengeschwulst ... / Walther Herberg.

  • Herberg, Walther, 1878-
Date:
1906
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Eine mit Kohlestückchen durchsetzte Narbengeschwulst ... / Walther Herberg. Source: Wellcome Collection.

    14/20 (page 12)
    Nach all dem Vorhergesagten nehme ich an, daß die einge¬ heilten Kohlepartikelchen nach so langer Zeit in einem Narben¬ gewehe abgekapselt gelegen haben und so zunächst unschädlich für den Organismus gewesen sind. Es muß daher irgendeine Ur¬ sache gewirkt haben, daß gerade an dieser Stelle eine neue Wuche¬ rung entstanden ist. Diese Ursache könnte einmal zu suchen sein in einer Infektion, die von außen her das Individuum befallen und hier, in dem Locus minoris resistentiae, einen geeigneten Platz zur Ansiedelung gefunden hätte. Es käme da besonders Tuberkulose in Betracht; aber diese ist nach dem mikroskopischen Bilde sicher auszuschließen. In zweiter Linie muß man in den Fremdkörper¬ partikelchen selbst das veranlassende Agens suchen. Eingeschlossen und abgekapselt sind sie unschädlich für den Organismus. Es ist daher als Vorbedingung anzunehmen, daß durch irgendeinen Umstand nach so vielen Jahren vielleicht durch ein unbemerktes Trauma, vielleicht durch Drucknekrose die Kapsel gesprengt und die Fremd¬ körper frei und als solche wieder wirksam geworden sind. Von neuem fortgesetzt mechanisch, vielleicht auch chemisch wirkend, übten sie jetzt auf das weniger widerstandsfähige neugebildete Narbengewebe einen Beiz aus, auf den dasselbe nun nicht mehr mit der Bildung eines einfachen typischen Granulationsgewebes, sondern mit einer mehr sarkomatösen Wucherung reagierte. Aty¬ pisch freilich und nicht den normalen Vorgängen entsprechend; aber jetzt ist auch nicht das normale Gewebe, sondern ein narbig degeneriertes Granulationsgewebe die Matrix für die Neu¬ bildung. Aber nicht nur in bezug auf sein Entstehen, sondern auch in seinem Aussehen ist der vorliegende Tumor so bemerkenswert. Makroskopisch bot er auf seiner Schnittfläche das Bild eines Me- lanosarkoms dar. Diese Annahme wurde jedoch sofort durch das mikroskopische Bild widerlegt; denn nicht in den Zellen, sondern zwischen den Zellen — abgesehen von den Biesenzellen — liegen die dunklen Teilchen, und nicht sind diese feines Pigment, sondern vielmehr Fremdkörper von ganz verschiedener Größe. Teils frei zwischen den Tumorzellen, teils eingekapselt durch einen binde¬ gewebigen Wall, teils in pathologisch erweiterten Hohlräumen, teils als feinste Kristalle im Innern einer Biesenzelle liegen sie diffus über das ganze Präparat verstreut und zeigen auch in ver¬ schiedenen Höhen des Tumors immer ein ähnliches Bild. Ein auf¬ fallend großes Kohlestückchen, makroskopisch ca, stecknadelkopf¬ groß. anscheinend beim Schneiden zersprungen, befindet sich in dem