Ueber bakteriologische Forschung : Vortrag in der 1. allgemeinen Sitzung des X. internationalen medicinischen Congresses am 4. August 1890 / von R. Koch.

  • Koch, Robert, 1843-1910.
Date:
1890
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Ueber bakteriologische Forschung : Vortrag in der 1. allgemeinen Sitzung des X. internationalen medicinischen Congresses am 4. August 1890 / von R. Koch. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by The Royal College of Surgeons of England. The original may be consulted at The Royal College of Surgeons of England.

    8/16 (page 8)
    Trennung der Bakterien-Arten möglichst sorgfältig zu verfahren und die Grenzen für die einzelne* Arten eher zu eng, als zu weit zu ziehen Auch in einer anderen wichtigen principiellcn Frage haben sich die.Verhältnisse gegen früher wesentlich geklärt und vereinfacht, näm- lich in Bezug aul den Nachweis des ursächlichen Zusammenhang zwischen den pathogenen Bakterien und den ihnen zugehörigen Jnfe*- □onskrankneiten. Der Gedanke, dass Mikroorganismen die Ursache der Infections- krankheiten sein müssten, ist zwar von einzelnen hervorragenden Geistern schon sehr frühzeitig ausgesprochen, aber die allgemeine Mei- nung konnte sich damit nicht recht vertraut machen und verhielt sich gegenüber don ersten Entdeckungen auf diesem Gebiete sehr skeptisch Um .so mehr war es geboten, gerade in den ersten Fällen mit unwider- leglichen Gründen den Beweis zu führen, dass die bei einer Infections- krankheit aufgefundenen Mikroorganismen auch wirklich die Ursache dieser Krankheit seien. Damals war der Einwand immer noch be- rechtigt, dass es sich um ein zufälliges Zusammentreffen von Krankheit und Mikroorganismen handeln könne, dass letztere also nicht die Rolle von gefährlichen Parasiten, sondern von harmlosen Schmarotzern spielten, welche erst in den erkrankten Organen die im gesunden Körper fehlen- den Existenzbedingungen fänden. Manche erkannten zwar die patho- genen Eigenschaften der Bakterien an, hielten es aber für möglich, dass sie erst unter dem Einfluss des Krankheitsprocesses aus anderen harmlosen, zufällig oder auch regelmässig vorhandenen Mikroorganismen sich in pathogene Bakterien verwandelt hätten. Wenn es sich nun aber nachweisen liess: erstens, dass der Parasit in jedem einzelnen Falle der betreffenden Krankheit anzutreffen ist und zwar unter Verhältnissen, welche den pathologischen Veränderungen und dem klinischen Verlauf der Krankheit entsprechen; zweitens, dass er bei keiner anderen Krank- heit als zufälliger und nicht pathogener Schmarotzer vorkommt; und drittens, dass er von dem Körper vollkommen isolirt und in Rein- culturen hinreichend oft umgezüchtet, im Stande ist, von Neuem die Krankheit zu erzeugen; dann konnte er nicht mehr zufälliges Accidens der Krankheit sein, sondern es liess sich in diesem Falle kein anderes Verhältniss mehr zwischen Parasit und Krankheit denken, als dass der Parasit die Ursache der Krankheit ist. Dieser Beweis hat sich denn nun auch in vollem Umfange für eine Anzahl von Infectionskrankheiten führen lassen, so für Milzbrand, Tuber- kulose, Erysipelas, Tetanus und viele Thierkrankheiten, überhaupt für fast alle diejenigen Krankheiten, welche auf Thiere übertragbar sind. Dabei hat sich nun aber weiter ergeben, dass auch in allen den Fällen, in welchen es gelungen ist, bei einer Infectionskrankheit das regel- mässige und ausschliessliche Vorkommen von Bakterien nachzuweisen, letztere sich niemals Avie zufällige Schmarotzer, sondern wie die bereits sicher als pathogen erkannten Bakterien verhielten. Wir sind deshalb wohl jetzt schon zu der Behauptung berechtigt, dass, wenn auch nur die beiden ersten Forderungen der Beweisführung erfüllt sind, wenn also das regelmässige und ausschliessliche Vorkommen des Parasiten nachgewiesen wurde, damit der ursächliche Zusammenhang zwischen Parasit und Krankheit auch vollgültig bewiesen ist. Von dieser Vor-