Klinische Propaedeutik : ein Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden / von Botho Scheube.

Scheube, B. (Botho), 1853-1923.

Date:: 1884

Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Klinische Propaedeutik : ein Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden / von Botho Scheube. Source: Wellcome Collection.

53/432 (page 41)

fadenziehend, sodass sich heim Entfernen der Zunge vom Gaumen zwi- schen heiden undurchsichtige, schmierige Fäden bilden. Ferner kann der Zungenbelag auch durch gewisse Nahrungsmittel und Medicamente ge- färbt werden, so durch Milch, Kaffee, Heidelbeeren, Eisenpräparate u.s.w. Der Belag breitet sich bald gleichmässig, bald ungleichmässig über die Zungenoberfläche aus. Eine eigenthümliche circumscripte, oft land- kartenähnliche Ausdehnung zeigt derselbe bei der sogenannten Pso- riasis linguae. Eine trockene Zunge wird namentlich bei Typhösen und andern acuten fieberhaften Kranken angetroffen. Die Trockenheit kann das ganze Organ oder einzelne Theile desselben betreffen. Infolge dessen kann die Zunge ein glattes, glänzendes, wie lackirtes Aussehen be- kommen, in andern Fällen erscheint sie dagegen rauh, rissig und in- folge von kleinen Blutungen mit eingetrockneten schwärzlichen Krusten bedeckt. Eine solche Zunge ist immer ein Zeichen schwerer Er- krankung. Das Vorhandensein von Narben an der Zunge kann von Wichtig- keit für die Diagnose der Epilepsie sein, indem dieselben auf frühere Bisswunden hinweisen, welche sich der bewusstlose Kranke bei den Krampfanfällen beigebracht hat, Auch syphilitische Affectionen der Zunge (Geschwüre, Gummata) können Narben zurücklassen. Eine sel- tene Affection der Zunge ist die Glossitis dissecans, bei welcher sich auf der Oberfläche derselben tiefe Einschnitte und Einkerbungen bilden, sodass das Organ ein unebenes, gelapptes Aussehen bekommt. Bei der Untersuchung des Gebisses achte man auf Vollständigkeit und Zustand desselben (Caries, Zahnstein, Belege, Lockerheit). Starke Caries der Zähne ist eine sehr häufige Folgeerscheinung von Diabetes mellitus. Bei chronischer Bleiintoxication tritt an den- selben gegen die Wurzel hin ein bleigrauer Belag ein, und ein gleicher Saum zeigt sich auch am Zahnfleische. Zu einer Lockerung der Zähne kommt es namentlich nach dem Gebrauche von Quecksilber und beim Scorbul. Bei kleinen Kindern ist zu berücksichtigen, ob Zähne im Durch- bruche begriffen sind; dieser gibt nicht selten Veranlassung zu Störun- gen von Seiten des Verdauungsapparates (Durchfälle) und des Nerven- systems (eklamptische Anfälle). Am Zahnfleische ist vorzugsweise Farbe und Consistenz desselben zu berücksichtigen. Dunkelroth, aufgelockert, von den Zähnen ab-elöst und zu Blutungen geneigt findet man dasselbe namentlich beim Scorbut