Ueber vergleichende Rassenpathologie und die Widerstandsfähigkeit des Europäers in den Tropen.

  • Stokvis, Barend Joseph, 1834-1902.
Date:
1890
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Ueber vergleichende Rassenpathologie und die Widerstandsfähigkeit des Europäers in den Tropen. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by The Royal College of Surgeons of England. The original may be consulted at The Royal College of Surgeons of England.

    22/28 (page 18)
    führen lassen. Beide Momente sind innig mit einander verknüpft. Dass in den Tropen Malaria, Cholera, Dysenterie die vorherrschenden Krankheiten sind, rührt von den tropisch-thermischen Verhältnissen her, hängt mit dem labilen Gleichgewicht zusammen, in welchem die thermo- taktischen Centra, die Abdominalorgane unter dem Einflüsse der höheren Temperatur verkehren. Unter diesen Umständen erfährt das Binnen- meer eine Veränderung, und wird damit das Terrain für die Einwirkung des Plasmodium malariae, der Cholera viribo, der Dysenterie-Mikrobe besser geeignet. Halten dann auch nicht in unseren gemässigten Zonen die Cholera, die Dysenterie, die Malaria sich an bestimmten Jahreszeiten, und sind diese Saisons nicht eben die heissen Sommermonate und der Anfang des Herbstes? Dass umgekehrt in den Tropen Masern, Schar- lach, croupöse Pneumonie, Diphtheritis so selten sind oder so gelinde verlaufen, hängt wiederum von den thermischen Verhältnissen, oder, um mit Herrn Maggelsen (36) zu sprechen, von den WitterungsVer- hältnissen ab. Denn der musterhaften und genialen Darstellung des Herrn Maggelsen, in welcher er klar auseinander setzt, dass die Dispo- sition und die Eesistenzfähigkeit des Menschen für acute Infections- krankheiten durch die wechselnden Temperaturverhältnisse und durch die Witterung beherrscht werden, schliesse ich mich unbedingt an, und die lichtvolle Weise, mit welcher er den alten Genius epidemicus und endemicus auf die Witterung zurückführt, verdient alle Anerkennung. Nur der Ordnung und der Systematisirung wegen und weil mir daran lag, die Frage nach der Widerstandsfähigkeit des Europäers in den Tropen nicht an der geographischen Medicin, sondern an der Eassen- pathologie festzuknüpfen, schien es mir praktischer, auf dem Wege, welchen ich Sie mit mir zu betreten einlud, beide ätiologischen Momente auseinander zu halten, um dann am Ende des Weges Sie zu erinnern, dass sie unzertrennlich zu einander gehören. Am Ende des Wegs darf ich Sie wohl bitten, mir noch einige Augenblicke Gesellschaft zu leisten, damit keine Unklarheit, keine Un- sicherkeit herrsche über das Bild, welches sich beim Rückblick vor unseren Augen entfaltet. Wenn nach diesen Ergebnissen der verglei- chenden Rassen-Pathologie die Widerstandsfähigkeit, die vitale Potenz des eingewanderten erwachsenen gesunden Europäers in den Tropen bei derjenigen der tropischen Rassen nicht zurücksteht, ihr im Gegentheil in manchen Stücken überlegen ist, so ist dieses Resultat nur eine Be- stätigung der von einem der Grundleger der geographischen Medicin, von dem Schotten James Lind (37) im vorigen Jahrhundert mit grosser Ueberzeugung verfochtenen Ansicht. „Vielmehr wie das Klima selbst, ist ihre eigene Unkunde und Nachlässigkeit an den Nachtheilen Schuld, welche Sie in den Tropen erfahren, so klingt jedesmal seine War- nung. Und vielleicht nicht so nüchtern, aber doch nicht weniger zu- treffend hat der geniale französische Geograph Malte-Brun die An- passungsfähigkeit und die grosse Resistenzfähigkeit des Europäers unter passenden hygienischen Bedingungen hervorgehoben, als er »la forme resolution de ne pas se laisser vaincre« die trefflichste Waffe im Kampfe um das Dasein nennt, und in den Worten: »pour chaque climat les »nerfs, les muscles, les vaisseaux etc. prennent bientot l'etat habituel, »qui convient au degre de chaleur, que les corps eprouve« seinen uner-