Vier Vorträge über Entwicklungsstörungen beim Kinde / von G. Anton.

  • Anton, G. (Gabriel), 1858-1933.
Date:
1908
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Vier Vorträge über Entwicklungsstörungen beim Kinde / von G. Anton. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by The Royal College of Surgeons of England. The original may be consulted at The Royal College of Surgeons of England.

    60/94 (page 58)
    Stimmungen und Affekte energischer Art, welche die Gedanken- bildungen und Wahnideen begleiten. Es tritt Regungslosigkeit und Verödung im Gemütsleben ein. Ich habe dazu noch folgendes zu bemerken: Der Gefühls- ton, den ein Eindruck oder ein Erlebnis hervorbringt, hängt nicht nur vom Inhalte und von der Beschaffenheit des letzteren ab, sondern vom jeweiligen seelischen Zustande des Empfängers. Nun ist es ein wichtiges, fast fundamentales Symptom bei Pubertätspsychosen, daß die Gedankengänge krankhaft lange nach- halten, unverarbeitet stagnieren. Diese Perseveration be- trifft auch die Gefühlszustände. Jedes neu ankommende Erlebnis gibt mit dem Residuär der früheren Erlebnisse eine neue Wirkung, einen neuen Gefühls- akkord; wie bei gewissen Gehörsstörungen die Klänge allzulange Nachbilder hinterlassen und mit neuen Tönen sehr störende Interferenzen geben, so werden auch bei Perseveration durch die Reaktion des gesamten Seelenzustandes auf die herankommen- den Eindrücke oft bizarre, abnorme neue Gefühlsqualitäten aus- gelöst. Die einzelnen Erlebnisse bewirken so ganz andere Ge- fühlstöne, als sie erfahrungsgemäß bei Normalen auszulösen pflegen. Was die Wirkung auf die Gedanken — besser gesagt auf den Akt des Denkens — betrifft, so wird bei Perseveration oft gleichzeitig durch neue Eindrücke eine enorme Ablenkbarkeit der Attentio ersichtlich. Solche Kranke sind ständig abgelenkt und gelangen — auch ohne schwere definitive Intelligenzstörung — kaum dazu, einen Gedanken auszudenken oder in der Unter- redung einen Satz zu beenden. Die einfachsten täglichen Ver- richtungen, wie Anziehen, Auskleiden, Essen, Briefe schreiben, habe ich derart bei intelligenten jungen Kranken gehemmt und verhindert gesehen; dies ohne Verwirrtheit, welche das Symptom bei Manie, Amentia und anderen leicht erklärlich macht. Dieses Symptom, das „Nichtfertigwerden“, findet sich in leichterem Grade auch bei normalen Pubertäts- krisen, es findet sich aber auch als langdauerndes Residuär bei