Volume 1

Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie mit besonderer Rücksicht auf Physiologie und pathologische Anatomie.

  • Niemeyer, Felix von, 1820-1871.
Date:
1868
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Credit: Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie mit besonderer Rücksicht auf Physiologie und pathologische Anatomie. Source: Wellcome Collection.

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    ter atmosphärischer oder tellurischer Einflüsse von Zeit zu Zeit Epidemieen, in welchen sehr verbreitete Katarrhe mit ungewöhnlich schwerem Allgemeinleiden auftreten. Dass diesen Er- krankungen, wie den acuten Exanthemen, mit denen sie eine ge- wisse Aehnlichkeit haben, eine Infection zu Grunde liege, ist zweifel- haft. Eine derartige Epidemie, Grippe, Influenza, trat z. B. im Jahre 1732 auf, zog von Osten nach Westen durch Europa und be- fiel gewiss die Hälfte der Bevölkerung. Die Krankheit wurde na- mentlich für Kinder und Greise theils durch die Intensität des Fie- bers, theils durch die Ausbreitung der localen Erkrankung bis in die Alveolen, theils durch Theilnahme der Darmschleimhaut an der Erkrankung, endlich durch Complicationen gefährlich. Seit jener Zeit habeu sich Grippen-Epidemieen öfter wiederholt, so namentlich im Jahre 1800, 1835 etc. Mit dem wiederholten Auftreten der Krankheit hat sich die Unsitte eingeschlichen, dass Aerzte und Laien jeden auch nich t epidemischen Bronchialkatarrh, wenn er mit hef- tigem Allgemeinleiden verbunden ist und grosse Hartnäckigkeit zeigt, als Grippe, und wenn der Darmkanal an der Erkrankung Theil nimmt, als gastrische Grippe bezeichnen. Diese Unsitte hat ge- wissermassen ihr Gutes; an einem Katarrhalfieber will Niemand schwer krank sein und längere Zeit im Bette liegen; „hat er aber die Grippe“, so ist er zufrieden, wenn er nur in acht bis zehn Tagen genest. Schliesslich wollen wir erwähnen, dass die erregenden Ursachen der Katarrhe fast in den meisten Fällen unbekannt sind, wenn man nicht, wie es die Laien thun, sich in solchen Fällen mit dem Aus- spruch begnügt, „dass man sich wohl erkältet haben müsse“. §. 2. Anatomischer Befund. Der acute Katarrh der Trachea und der Bronchien hinter- lässt in der Leiche eine bald diffuse, bald fleckige Röthe, welche theils auf Injection, theils auf Ekchymosirung beruht. Die Schleim- haut erscheint ferner trübe, undurchsichtig, gelockert, leicht zerreiss- lich. Dieses Verhalten beruht auf Durchfeuchtung derselben, zu welcher der verstärkte Druck des Blutes auf die Gapillarwände Ver- anlassung gibt. Auf diesem Oedem der Schleimhaut, an welchem auch das submucöse Gewebe Theil nimmt, beruht endlich die Schwel- lung dieser Gebilde, durch welche das Lumen der Bronchien ver- engt wird. Je jünger das Individuum, je enger dem .geinass das normale Lumen der Bronchien ist, um so leichter kann eine Schwel- lung der Schleimhaut den Durchtritt der Luft, zumal in den Bron- chien dritter und vierter Ordnung hindern oder unmöglich machen, ein Umstand, der für die Symptomatologie der Krankheit und na- mentlich für die Differenz der Erscheinungen und der Gefahr bei Kindern und Erwachsenen wichtig ist. Anfänglich ist die Schleimhaut trocken oder mit einem spär- lichen zähen, durchsichtigen Secret, in welchem nur einzelne junge