Die geographische Verbreitung des Blasenwurmleidens, insbesondere des Alveolarechinococcus der Leber und dessen Casuistik seit 1886 / Adolf Posselt.

  • Posselt, Adolf.
Date:
1900
Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Die geographische Verbreitung des Blasenwurmleidens, insbesondere des Alveolarechinococcus der Leber und dessen Casuistik seit 1886 / Adolf Posselt. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by Royal College of Physicians, London. The original may be consulted at Royal College of Physicians, London.

    52/340 (page 48)
    Die Leber lässt sich bis gegen den linken Rippenbogen Inn deutlich palpiren. Hydatidenschwirren nicht vorhanden. Milz normal. Massiger Ascites. Tod an Marasmus am 9. November 1883. S e c ti o n : Typischer, multiloculärer Echinococcus, ohne centralen Zerfall. Die Rostellen der Scolices deutlich zweireihig. IV. Fall. Fontana Luigi, Erdarbeiter von Condosa, Provinz Bergamo, Italien, ca. 40 Jahre alt. Seit 6 Wochen ist der Mann in ärztlicher Behandlung. Angeblich wurde ■er von einem Steine gegen die rechte Seite getroffen und will seither Schmerzen an dieser Stelle haben. Eintritt am 23. October 1895. An der Stelle, welche der Mann als den Sitz seiner Schmerzen angibt und welche in der rechten Axillarlinie dicht unterhalb des Rippenbogens liegt, fühlt man einen faust- grossen, glatten, nicht verschiebbaren Tumor in der Tiefe des Abdomens. Appetit, Stuhl, Urin wie gewöhnlich, Allgemeinbefinden gut. Tumor bei jeder Bewegung und auf Druck empfindlich. Probepunction am 29. October 1895 ergibt Eiter. Es schien ein Senkungsabscess, von einer Rippe ausgehend, das Wahr- scheinlichste zu sein. Am 30. October 1895 Incision längs des äusseren Randes des Musculus quadratus lumborum. Mit Leichtigkeit gelangte man durch die typischen Schichten hindurch bis zum retroperitonealen Zellgewebe. Von hier aus konnte man den Tumor bimanuell deutlich abtasten und von den Bauchdecken her in die Wunde drängen. Er war faustgross, fluc- tuirend, sass intraperitoneal, war aber unzweifelhaft mit dem Peritoneum parie- tale verwachsen. Mit dem Zeigefinger konnte man leicht Peritoneum und die hintere Abscesswand eindrücken und gelangte man in eine von starren, glatten Wandungen umgebene Höhle. Der herausfliessende Eiter war ziemlich dünn- flüssig, hier und da mit kleinen Detritusmassen durchsetzt. Die glasharte Beschaffenheit der Abscesswandung erweckte sofort den Gedanken, dass es sich um einen Echinococcus handeln könne. Die kleine Menge Eiter, die noch nachträglich aufgefangen wurde, liess keine Scolices, dagegen viel fettig degenerirte Zellen und Detrituskörnchen er- kennen. Die Höhle wurde mit Jodoformgaze tamponirt und die äussere Wunde offen gelassen. Bis zum 2. December 1895 war sowohl die Höhle als die Wunde per secundam geheilt, das Befinden des Patienten recht gut, so dass derselbe nach Hause (Italien) entlassen wurde. Am 1. September 1896 wurde der Mann unter der Diagnose „Pleuritis“ wiederum dem Krankenhause überwiesen. Patient erzählt, dass er schon im Februar 1896 auf der rechten Seite wieder Schmerzen bekommen habe. Er sei dann in Italien in mehreren Spi- tälern gewesen, aber nie von seiner Krankheit geheilt worden. Schliesslich sei or wieder nach Schaffhausen gereist, in Arbeit getreten und habe sich nach 4 Tagen krank gemeldet, um wieder ins Krankenhaus eintreten zu können. Die Untersuchung ergab, dass die Dämpfung und das aufgehobene Atli- mungsgeräusch, welches rechts hinten und am Thorax zu constatiren war, nicht von einem pleuritischen Exsudate herrührte, sondern seiner Form und Aus- dehnung nach einen Lebertumor darstellte. Die Leber ragte vorn nur ca. zwei Querfinger breit unter dem Rippen- bogen hervor, war kleinhöckerig und sehr druckempfindlich. Nach oben reichte die Leberdämpfung in der Mammillarlinie bis zur Mitte der 5. Rippe und ging nach hinten etwas abfallend bis zur Wirbelsäule. Nach links war das Organ nicht wesentlich vergrössert. Die heftigen Schmerzen rührten offenbar von einer Perihepatitis her, und es konnte wohl kaum einem Zweifel unterliegen, dass es sich hier um einen