Grundriss der wissenschaftlichen Anatomie zum Gebrauch neben jedem Lehrbuch der Anatomie : für Studierende und Ärzte / von Wilhelm Lubosch.

  • Lubosch, Wilhelm, 1875-1938.
Date:
1925
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Credit: Grundriss der wissenschaftlichen Anatomie zum Gebrauch neben jedem Lehrbuch der Anatomie : für Studierende und Ärzte / von Wilhelm Lubosch. Source: Wellcome Collection.

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    Körper aussehe, begann die Forscher jener Zeit wieder zu immer mehr in den Bau des Körpers eindringenden Studien anzutreiben, mit immer verfeinerten Methoden der Präparation, Injektion, Mazeration, Korrosion. Auch die all- gemeinen (histologischen) Merkmale der Organe wurden mehr und mehr be- kannt. Zweitens aber, und das war das Entscheidende, wurde der Begriff der tierischen Form zum wissenschafthchen Prinzip erhoben. Das Problem der Form ist ursprünglich ein solches der Naturphilosophie gewesen und erst auf dem Umweg über die vergleichende Anatomie zur Anatomie selbst ge- kommen (§ 26). Dadurch, daß man nicht wie die Physiologen (und unter den vergleichenden Anatomen noch. Buffon), die Organe gemäß ihrer Funktion zusammenstellte und als deren „Werkzeuge“ nach ihrem Nutzen verglich, vielmehr ihre gegenseitige Lage und Form zum Gegenstand der Forschung machte, gelangte man zur Unter- scheidung zwischen funktionell (analogen) und anatomisch gleichwertigen (homo- logen) Organen (§ 29). Die Wendung zur formalen Betrachtung vollzog sich in der Anatomie nicht plötzlich, sondern allmählich. Sömmering, der als Fortsetzer und Erneuerer Vesals auftritt, durch wissenschaftliche Neigungen und Forschungen, wie auch durch seine Freundschaft mit Goethe und Kamper ganz der vergleichenden Ana- tomie zugeneigt, schuf zwar in seinem Lehrbuch der Anatomie des Menschen ein Werk, das in scharfem Gegensatz zu Hallers Physiologie stand; aber ganz rein tritt bei ihm das Neue nicht zutage. Er bezeichnet es als Aufgabe seines Lehrbuches, festzustellen, „wieweit man in der Kenntnis unseres Körpers ge- langt sei“; er nennt dies eine „Wissenschaft“, die aus sinnlichen, leicht zu prüfen- den „Wahrheiten“ bestehe. Er fühlt dabei zwar, wie sich der Zusammenhang mit der Physiologie lockert, vermag aber doch noch nicht, beide Wissensgebiete voneinander abzugrenzen. Dabei wehrt er mit Schärfe die Ansicht ab, daß man den toten Körper der Anatomie, den lebendigen der Physiologie zu- rechne und nimmt beides für die Anatomie in Anspruch, trägt seinen Stoff auch in dieser Weise vor. Hier sowenig wie bei einem Anatomen vorher (Vesal) oder nachher fällt die Grenze zwischen Anatomie und Physiologie mit der Grenze zwischen Totem und Lebendigem zusammen. Eine Wissenschaft der „Leichenanatomie“ hat es nie gegeben. Als Ziel der Physiologie schwebte Sömmering, ähnlich wie Haller, die Erkenntnis der „mechanischen Lehre“ vor, d. h. die Möglichkeit, Bau und Verrichtung in ihrem gesetzmäßigen Zusammen- hang ursächlich zu erforschen, was aber erst Joh. Müller später klar ausge- sprochen hat. Der Anatomie vermochte Sömmering ein eigenes wissenschaft- liches Ziel noch nicht zu zeigen. Dies tat dann sein großer Nachfolger J. F. Meckel. Dieses Anatomen vier- bändige Anatomie ist nicht nur ein „modernes“ Werk im besten Sinne, sondern auch dasjenige, das die wissenschaftliche Anatomie in einem Umfange umfaßt, wie kein Werk vorher und je nachher. Der Einfluß der Morphologie ist bereits in allen Teilen der Darstellung zu spüren. Indem er die Anatomie als „die Lehre von der organischen Bildung“ definiert, zieht er zum ersten Male die scharfe Grenze zwischen ihr und der Physiologie. Die Anatomie führe ihren Namen zwar von der Zergliederung, ist Zergliederungskunde, wie er sagt, aber nicht, weil sie nur Zergliederung ist, wie Unkundige auch heute noch immer wieder behaupten, sondern weil es eines, und zwar das wichtigste Mittel ist, durch das man zur Erkenntnis der organischen Bildung gelangt. Den Inbegriff der praktischen Regeln dieses Hilfsmittels stellt er als Zergliederungs- kunst der Zergliederungskunde, d. h. der wissenschaftlichen Verwertung der gewonnenen Befunde, gegenüber. Die Morphologie, d. h. im Sinne jener Zeit die Lehre vom Typus und seiner Metamorphose (§ 26), ist der Leitfaden der