Der Gypsverband : mit besonderer Berücksichtigung der Militair-Chirurgie / von Dr. Szymanowski.

  • Szymanowski, Julius von, 1829-1868.
Date:
1857
    Erbtheil aus jener Zeit bei den Nachkommen den heutigen Klebeverband einleiteten. — Schienen wurden zu jener Zeit von den Arabern wenio-er o'ebraucht. Bei Avicenna freilich finden wir die grossen, mit Kissen gepolsterten Schienenbretter und mit denen zugleich die Idee, den Verband über die ganze Extre- mität auszudehnen; — doch dieses steht ziemlich vereinzelt da. Sie schrieben besonders den reizenden Pflastern heilbringende Eigenschaften zu und .,überliessen das gebrochene Glied, einmal mit denselben beklebt und der ferneren Beachtung entzogen, dem Zufall." So drückt sich Richter tadelnd darüber aus, in- dem er als Gegner des permanenten Verbandes zugleich der noch zu erörternden INIethode Larreys denselben Vorwurf macht. Aehnlich wie bei den Arabern unterscheidet sich fast das Verfahren der alten Griechen von dem jetzt dort durch Pouque- ville 2 ^ gefundenen. Sie bedienen sich gegenwärtig eines feinen Mastixes ^ ^ oder einer Kittart, aus Muschelkalk, Kreide, Ei- weiss, Oel und Butter bestehend, um ihrem Verbände die nöthige Festigkeit zu geben. Auch Hanf oder Hasenliaare mischen sie dem Kitt bei, lassen das damit eingemauerte Glied bis zur völligen Consolidation des Bruches liegen und lösen dann erst diesen Panzer in einem Dampfbade ab. Bei den Persern finden w^r nach den Angaben Amedee Jauberts ^ ^ ebenfalls einen unverrückbaren Verband, den sie längere Zeit liegen, lassen. Wichtiger jedoch als diese Berichte ist uns der Brief Exton's, des englischen Consuls zu Bassora, an Dr. Guthrie, damals zu St. Petersburg. ^ ^ Exton hatte nämlich Gelegenheit, 2 • Zeitschrift für die gcsamnite Medicin. Herausgegeben von J. C. G. Fricke und F. W. Oppenheim. Bd. 13, Heft 2, 1840. ^'•^ Seutin, Traitcde lanicchode amavo-inamovible. — Memoire de L'academie lloyale de medicine de Belgique. Bruxelles 1849, pag. 6. — Deutsch von Burger, „der abnehmbare unabänderlielie Verband Scutins," 1851. — Pouquevile, voyagc en Grece. Paris 1805. 23 These de F. H. Larrey, Paris 1832. — Seutin, p. 6. — Früh, p. 19. '^^ Gaz. med. de Paris n". du 13. avril 1835. — Account of the Arabian modo of ciiring fractured limbs; communicated to Dr. Guthrie of St. Petersbourgh. in Duncan's niedical Commcntaric?. Vol. XIX, 1795, pag. 292.
    No text description is available for this image
    No text description is available for this image
    Nach Europa in diesem Ausschauen nach solchen Verbänden zurückkehrend, finden wir diesem vergleichbar schliesslich auch eine Verbandart bei den Bewohnern Corsicas, ^ ^ und endlich wiU ich anführen, dass ■ im Oberlande Curlands bei den noch wenig cultivirten Letten ein höchst zweckmässiger Verband aus der biegsamen Rinde der Birke zu finden ist. Die Leute dort reissen die Birkenrinde in langen Streifen vom noch grünenden Baume, die sich dann von selbst ähnlich einer Rollbinde zu- sammenrollen und gewöhnlich zum Flechten einer Fussbekleidung (Wiesen) oder zum kunstvollen Umwinden alter, geplatzter Töpfe dienen, welche dann so fest von den Landleuten dort eingeflochten werden, dass sie viele Jahre noch wasserdicht gebraucht werden. Mit einem solchen harten unverrückbaren Geflecht aus dieser Birkenrinde schient eine alte lettische Bäuerin daselbst nach ererbter Erfahrung schon seit vielen Jahren mit dem besten Erfolge die verschiedensten nicht complicirten Kno- chenbrüche, so dass selbst der Arzt jener Gegend ihre Praxis auf diesem Gebiete gern begünstigt. Forschen «wir nun bei den Culturvölkern nach der aUmäh- ligen Herausentwickelung des unverrückbaren Verbandes, so zeigt sich uns hier der Ausspruch Dieffenbachs, dass die Ver- vollkommnung in der Chirurgie nur mit der Vereinfachung Hand in Hand gehen kann, in deutlichen Zügen bestätigt. — Bisher trugen wir nur aus den verschiedenen Quellen Angaben zusammen, die uns das vielfältige Vorkommen des unverrück- baren Verbandes bewiesen. Eine historische Skizze hat aber nur dann einen Werth, wenn sie das Aufzählen der verschie- denen Meinungen und Behandlungsweisen in der Art versucht, dass dem Leser die Entwickelung und der innere nothwendige Zusammenhang der allmählig sich Bahn brechenden Principe, die den denkenden Chirurgen zu jeder Zeit geleitet haben, an's Licht treten. Bekannt und zum Theil schon oben angeführt sind die einfachen Verbandmittel des Hippokrates. Der Verfall der 2 9 These de F. H. Larrey. — Frech 1. c. pag. 19.
    No text description is available for this image