Zur Lehre vom Zwillingsirrsein / von Nicolaus Ostermayer.

  • Ostermayer, Nicolaus.
Date:
[1891]
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Credit: Zur Lehre vom Zwillingsirrsein / von Nicolaus Ostermayer. Source: Wellcome Collection.

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    wo bei der einen die Psychose ausbrach, unter denselben Bedingungen zu- sammengelebt haben, so sind sie doch in den letzten zwei Jahren ge- trennt gewesen, da sich die früher erkrankte Schwester in der Anstalt be- fand. Während dieser Zeit hat die andere Schwester, selbst nach den ge- nauesten Nachforschungen keine Zeichen psychischer Störung dargeboten. Prädisponirende, hereditäre Momente für die Geisteskrankheit liegen bei den Geschwistern nicht vor“. III. Gruppe. Kelp. In diesem Falle handelt es sich um Melancholie mit tödtlichem Ausgang bei hereditär veranlagten Zwillingen weiblichen Geschlechts, Bruder und Schwester. Dieser Fall ist mir nur insofern bekannt, als er in der oben genannten Schütz’schen Arbeit kurz citirt ist. Da er mangelhafte Angaben bietet, stehe ich von dessen Verwendung ab. Die erste Gruppe umfasst solche Fälle von sogenanntem „Zwil- lingsirrsein“, wo die psychische Erkrankung des secuudär erkrankten Zwillings, durch die gleichartige Geistesstörung des primär Erkrank- ten eingeleitet, hervorgerufen wurde. Es kann sich also in allen diesen Fällen nur um „psychische Infection“, um sogenanntes „indu- cirtes Irrsein“ handeln. Da die Uebertragung derselben oder ähnlichen Krankheitsform theils auf „emotionellem Wege“, theils durch „Implan- tation der Wahnideen“ entweder nachgewiesen oder sicher anzuneh- men ist. Die Formen „der auf dem Wege der Emotion“ entstandenen Geistesstörungen sind nach Jörger*) immer einfache Psychoneurosen (Krafft-Eb i n g), also: Melancholie, Manie und acute Verrücktheit, welche auch, wie ersichtlich, in den vorgeführten Fällen der I. Gruppe (6 Fälle 1—5 und 8) vorherrschen. Oder es entsteht eine durch „Implantation der Wahnideen“ secundär erzeugte Geistesstörung, die sich als primäre Verrücktheit (Paranoia) documentirt (2 Fälle 6 u. 7). Weiter sind gerade bei Zwillingen, durch die nächste Blutver- wandtschaft, Aehnlichkeit der originären psychischen und physischen Anlage, Analogien der erworbenen Prädisposition (körperliche und geistige Anstrengungen, Geraüthserschütterungen und sonstige Einflüsse) bedingt durch das innige Zusammenleben, Stehen unter gleichen äusseren Verhältnissen in der Familie, die günstigsten Bedingungen zur „psychischen Infection“, zur Ueberpflanzung einer Geistesstörung auf dem Wege der geistigen Beeinflussung, vom primär Erkrankten auf den secundär Erkrankten, in vollstem Maasse gegeben. —