Grundriss der Entwicklungsgeschichte des Menschen / von Ivar Broman.

Broman, Ivar, 1868-1946.

Date:: 1921

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Credit: Grundriss der Entwicklungsgeschichte des Menschen / von Ivar Broman. Source: Wellcome Collection.

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Gewisse an sich verschiedene Gene sind, wie oben (S. 26) angedeutet wurde, gewöhnlich gekoppelt, d. h. sie gehen bei der Gametenbildung fast immer zusammen in die eine Gamete über. Diese „Koppelung kann indessen mehr oder weniger fest sein, d. h. gewisse Gene trennen sich bei der Gametenbildung fast nie, während andere dies viel öfter tun. Man erklärt dies durch die Annahme, dass die gekoppelten Gene in demselben Chromosom lokalisiert sind, und zwar dass sie desto fester gekoppelt sind, je näher sie einander in dem betreffenden Chromosom liegen. Wenn diese Annahme richtig ist, so lässt sich, wie schon oben (S. 26) angedeutet wurde, die geschlechtsgebundene Erblichkeit ganz einfach dadurch erklären, dass gewisse Gene, die sonst mit dem Geschlecht nichts zu tun haben, in dem Geschlechtschromosom und zwar in enger Verbindung mit den geschlechtsbestimmenden Genen lokalisiert sind. Entstehung neuer Biotypen. Schon oben (S. 31) wurde erwähnt, dass oft neue Bio Typen bei der Kreuzung von mehrfachen Heterozygoten entstehen können. Bei den zahlreichen KombE nationsmöglichkeiten der Erbfaktoren kann es sogar merkwürdig^ erscheinen, dass dies nicht noch öfter geschieht. Dass dies nicht der Fall ist, erklärt sich aber dadurch, dass viele neue Kombinationen entweder zum frühzeitigen Absterben oder zur mehr oder weniger vollständigen Sterilität des Individuums führen. Neue Biotypen können aber auch in prinzipiell ganz anderer Weise, nämlich durch sogenannte Mutationen entstehen. Die Mutationen stellen plötzliche Veränderungen der genotypischen Konstitution dar, welche von Kreuzungen vollständig unabhängig sind. Mutationen können also sogar bei den Homozygoten einer reinen Linie auftreten. Offenbar hängen sie meistens von unregelmässig verlaufenden Reifungsteilungen ab, die die geno= typische Konstitution der Gameten mehr oder weniger stark verändern. Bei solchen Reifungsteilungen bekommt nicht selten die eine Tochterzelle etwas zu viel und die andere Tochterzelle etwas zu wenig von dem Chromatin der Mutterzelle. Gewisse Gameten bekommen — mit anderen Worten — einige Gene zu viel und ge= wisse andere Gameten ebensoviele Gene zu wenig,- die erstgenannten sind einer Gewinn^ mutation, die anderen einer Verlustmutation unterworfen worden. Verlustmutationen können vielleicht auch dadurch entstehen, dass gewisse Gene einer vollwertigen Gamete (aus unbekannten Ursachen) zu gründe gehen. Wenn sich nun zwei Gameten, die z. B. dieselbe Verlustmutation erlitten haben, zu einer Zygote vereinigen, so wird die genotypische Konstitution derselben eine ganz andere als diejenige der Eltern,- und es entsteht also — wenn der betreffende Gen= Verlust weder die normale Entwicklung noch das Leben verhindert — ein neuer Biotypus. Gewöhnlich weichen solche durch Mutation entstandenen Biotypen nur unbedeutend von den ursprünglichen ab,- was wohl einfach dadurch erklärt wird, dass stärkere Gen= Veränderungen im allgemeinen lätal sind. Erklärung der Rekapitulationsphänomene in der Ontogenie. Es wurde oben angedeutet, dass verschiedene Individuen einer Art, auch wenn sie — wie die Menschen — mehrfache Heterozygoten sind, betreffs der meisten Erbfaktoren