Lehrbuch der ärztlichen Seelekunde / Als Skizze zu Vortragen bearbeitet von Dr. Ernst Freiherrn von Feuchtersleben.

  • Feuchtersleben, Ernst, Freiherr von, 1806-1849.
Date:
1845
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Credit: Lehrbuch der ärztlichen Seelekunde / Als Skizze zu Vortragen bearbeitet von Dr. Ernst Freiherrn von Feuchtersleben. Source: Wellcome Collection.

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    in unserm Fache röhren die Irrthümer selbst der geistvollslen Be- arbeiter, also auch das viele Ungewisse, das ihm nicht mit Un- recht vorgeworfen wird, zumeist aus dieser Quelle. Sie wollten, den Tadel der Einseitigkeit fürchtend, den Ruhm der Einheit des Princips retten, und überschritten so die uns hier zugemessenen Schranken, welches schlimmer ist, als sie gar nicht zu erreichen. Sie zogen Metaphysik, Ethik, Theologie in ihre Betrachtungen, und entzogen diese so ihrem rechten und eigentlichen Ziele, Man mufs aber einen Tadel zu verschmähen wissen, der aus Unkennt- nis hervorgeht; die Einseitigkeit, welche aus strenger Sonde- rung der Begriffe entspringt, hat stets das Gröfste und Fruchtbarste für die Menschheit geleistet. Wenn wir von einer Physiologie, Pa'hologie und Therapie des Seelenlebens sprechen, so machen wir nur gleich im Anfange aufmerksam, dafs hier vom Geiste an sich nicht die Rede ist. Es gibt keine Physiologie des Geistes, als höchstens im bild-^ liehen Sinne, und diefs wäre die sogenannte Metaphysik, eine Unterscheidung, die sich schon in der Etymologie sattsam aus- spricht. Wenn aber Jemand glauben wollte, hieraus gehe her- vor, dafs wir hier, gleich den Mystikern der altern und einigen Naturphilosophen der neueren Schulen, drei gesonderte Principien, die Trias: Geist, Seele , Körper statuiren, so müssen wir, ob- wohl dieser Ansicht eben das Gefühl eines hier verborgenen Wah- ren (die Erahnung des Problems) zum Grunde liegt, uns doch da- gegen verwahren. Was die Körperwelt ausmache ist uns hinläng- lich bekannt; und wenn wir auch nicht alle ihre Gesetze bereits kennen, welche zu erkennen die Aufgabe der Physik ausmacht, /so ist uns doch der Begriff derselben deutlich, und wir können die Grenzen desselben bestimmen. Nicht so ist es mit dem Geiste, Dafs seine Gesetze jenseits dieser Grenzen liegen, ist eine blofse Negation, und sagt über sie nichts Bestimmtes aus. Wir wissen nur, dafs hier die Physik am Ende ihrer Beobachtungen ist, und ein anderes Gebiet (ixetci r« fvaiKa) beginnt. Das Wort Geist ist eines jener Worte, mit denen wir aufgewachsen sind, die immer und überall da waren, wo der Mensch zum Bewufstseyn seiner gelbst gelangt war, die Jedermann ausspricht, nachspricht und