Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum der Gesellschaft practischer Aerzte zu Riga von der städtischen Irrenheil- und Pflegeanstalt Rothenberg.

Date:
1897
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Credit: Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum der Gesellschaft practischer Aerzte zu Riga von der städtischen Irrenheil- und Pflegeanstalt Rothenberg. Source: Wellcome Collection.

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    als Denken mit kurzer Association, überstürzten Sclilussfolgerungen, Überwerth igen Ideen auftasst, so muss ich das als Denken mit fixirtem Ziel oder Resultat bezeichnen. So denkt der enragirte Partei- mann, der nur das Pro bei seinen Deductionen für das Interesse seiner Partei wahrnimmt und für das Contra blind und taub ist. Die Ueberlegung durch Associationen ist ganz vSklavin dieses über- wältigenden Zieles. Sein Fanatismus reisst ihn fort und hindert das Auftreten mannigfaltiger, vielseitiger Associationen; darum sind aber die einzelnen Vorstellungen an sich nicht intensiver als bei anderen Menschen, ja mitunter sind diese Individuen sich dessen halbbewusst, dass sie falsche Schlüsse ziehen und der Ton der Ueberzeugung fehlt ihnen dann sogar; nur verschämt und zaghaft construiren sie ihr Gebäude, statt mit erhöhter Kraft und Wärme. Dieses gilt für den Advocaten, der eine schlechte Partei vertritt, und für den beginnenden Paranoiker. Dadurch allein ist es erklärhch, dass diese Kranken ihre Ideen zu verheimlichen suchen und dissimuliren, denn so ganz können sie eben jede weitere Ueberlegung auch nicht ausschliessen. Die Analogien zwischen dem gesunden und kranken Denken lassen sich aber noch weiter verfolgen. Der Paranoiker bemerkt eine Veränderung an sich oder seiner Umgebung. Sandberg schildert das auf pag. 625 so: »Einem Paranoiker z. B., der in eine Stube tritt, welche auf ihn vor seiner Erkrankung einen indifferenten oder selbst freundlichen Eindruck machte, wird dieselbe nunmehr verändert vorkommen und zwar nicht in dem Sinne, dass ihm einzelne Möbel oder andere Gegenstände bis zur Unkenntlichkeit umgestaltet erscheinen, sondern es wird für ihn in dem Zimmer jene eigenthümliche Stimmung herrschen, wie sie in ähnlicher Weise der Gesunde in einem Raum empfindet, in welchem er zwar nichts ver- ändert. Alles an seinem bekannten Platz findet und doch ein unbe- stimmtes P^twas in der Luft liegt, von dem er sich nicht Rechenschaft geben kann und das ihn trotzdem mit einer misstrauischen, unbehag liehen und unheimlichen Stimmung erfüllt«. In dieser Stimmung be- tritt man einen bekannten Raum unter ausserordentlichen Verhältnissen, vor einem wichtigen Ereigniss, einer Entscheidung u. s. w. Ebenso erscheinen bekannte Personen verändert; die Veränderung liegt im Gesichtsausdruck, der Stimme u. s. w., gerade in kleinen, nebensäch- lichen Umständen. Nun frage ich, ist dieser Modus des Erkennens oder Verkennens, der auf solchen Nebensachen und Umständen beruht,