Lehrbuch der allgemeinen Krankheitslehre / von Carl Heinrich Schultz.

  • Schultz-Schultzenstein, Carl Heinrich, 1798-1871.
Date:
1844-1845
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Lehrbuch der allgemeinen Krankheitslehre / von Carl Heinrich Schultz. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by the Francis A. Countway Library of Medicine, through the Medical Heritage Library. The original may be consulted at the Francis A. Countway Library of Medicine, Harvard Medical School.

    18/902
    dass er immer erst da, wo ihn alle vernünftige Einsicht verlässt, zu empirischen Versuchen vorschreitet. Einen Empiriker schätzt man überall gering. In aller Wissenschaft ist es immer nur der menschliche Geist und niemals das sinnliche Material, was ihre Grösse ausmacht. Darum haben sich die wissenschafthchen Grundsätze aller Zeiten, kann man sagen, erhalten, und so lange die Gründe für diese Grundsätze sich nicht ganz unhaltbar gezeigt, hat man sie nicht fahren lassen. Sie ha- ben immer das Interesse behalten, dass man sich über die Gründe für und gegen die Grundsätze gestritten hat und noch streitet, zum Beweis, dass man nicht ohne sie fertig werden kann. Es bleibt nur merkwürdig, dass man trotz dem in neuerer Zeit auch da, wo man auf Intelligenz Anspruch macht, sich immer wieder an die Empirie anklammert, und die Jugend nur für empirisches Material in der Wissenschaft zu interessiren sucht. Dies lässt immer auf eine gewisse Armuth schUessen; denn wo wirklich geistig Grosses vorhanden ist, da wird man die Grösse der Wissenschaft nicht in der Empirie allein und in sogenannten empirischen Thatsachen suchen, die genau besehen, doch noch keine Thatsachen sind, weil sie keine Thaten, sondern blos pas- sive Zustände und Materien enthalten. Durch die vorwaltende empirische Richtung der neueren Zeit wird der Geist in der un- überwältigten Masse abgestumpft, und für wahre wissenschaftliche Grösse unempfänglich. Witzige Spielereien werden für geistreich gehalten und machen sich wohl zu Stellvertretern des medizini- schen Geistes. Die Jugend ist ausdrückhch darauf hingewiesen, sich mit empirischem Material aus den geistlosesten Quellen zu überladen, und die Keime zu der wissenschaftlichen Wassersucht des späte- ren Alters sich unwillkürlich auf chemische und historische Art einzuimpfen. Wenn man die Gesellschaft nöthigt, ihren Kindern die Pocken einimpfen zu lassen, so hat dies einen sichern Zweck, wozu das Mittel nur nützen aber niemals schaden kann. Wenn man aber dahin wirkt, dass dem jugendlichen Geist die geistlose Empirie, mag sie nun rein sinnlich oder mit rationellen Redens- arten darüber, dass das Wesen der Lebenskraft ein Geheimniss bleibe, vermengt sein, eingeimpft werde; so bedenkt man nicht, welche tödtende Vergiftung der geistigen Lebenskraft man da