Klinische Vorträge. Vierter Vortrag. III. Infectionskrankheiten. 1. Ueber die Cholera und ihre Behandlung / von H. v. Ziemissen.

  • Ziemissen, H. von.
Date:
1887
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Credit: Klinische Vorträge. Vierter Vortrag. III. Infectionskrankheiten. 1. Ueber die Cholera und ihre Behandlung / von H. v. Ziemissen. Source: Wellcome Collection.

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    bin selbst von einer Anzahl solcher Flüchtlinge in München consul- tirt worden wegen gastrischer und anderer Störungen: die Cholera hatten sic nicht und brachten sie uns auch nicht. Ebenso flohen auch aus Italien zahllose Choleraemigranten nach Deutschland. Trotzdem also während dieser 2‘/a Jahre gewiss unendlich viel Infections- stoff über das ganze civilisirte Europa ausgesäet worden ist, so ist die Saat ernsthaft doch nur in Italien, in Spanien und in Un- garn aufgegangen. Auf den zahlreichen französischen Infections- herden, selbst in Paris, ist das Feuer rasch wieder erloschen, ohne dass es zu einer grossen Flamme geworden wäre. Ebenso brach die Krankheit in Genf, Venedig, Triest und in Pest aus, ohne dass sie weiter nach Norden gegangen wäre. In Deutschland ist es trotz der durch den Verkehr sicherlich reichlich ausgestreuten Saat zu einem Ausbruch der Krankheit nirgends gekommen. Hierfür kann nur ein Fehlen der örtlichen Disposition als die Ursache angesehen werden, denn die zeitlichen Verhältnisse, Jahreszeiten, Regenfälle und Wind standen während der abgelaufenen 2‘/2 Jahre in jeder Weise zur Disposition. Auf welchen Umständen beruht nun jenes Fehlen der örtlichen Disposition bei uns? Sind es die an den Grenzstationen getroffenen Maassregeln, ist es die Desinfection auf den Bahnhöfen und in den Waggons gewesen? oder sind es die Fortschritte unserer hygienischen Zustände und die Vervollkommnung unserer Sanitätseinrichtungen? Ist es noch die Nachwirkung der letzten Epidemie, also eine Art von Immunität durch Durchseuchung? — Machen wir uns keine Illusionen, gestehen wir ganz ehrlich, dass die Indisposition für die Aufnahme und Entwicklung der Cholera z. Z. noch unverständlich ist. Speciell für Deutschland kann doch nicht wohl von einer Im- munität infolge von Durchseuchung die Rede sein, nachdem 12 Jahre vergangen sind, seit wir die letzte Heimsuchung erlitten. Unsere hygienischen Verhältnisse sind ja allerdings seitdem erheblich ver- vollkommnet worden und wir erhoffen speciell in München im Falle einer Choleraepidemie viel Gutes davon, nachdem der Typhus dadurch so glänzend aus dem Felde geschlagen ist, und nachdem eiu früher so schlimmes Choleranest wie Danzig sich vollständig gereinigt hat. Allein es gibt in Deutschland leider noch sehr viele Städte mit siechhaftem Boden ohne Canalisation und ohne Wasserleitung, in denen noch Versitzgruben bestehen und die flüssigen Abfälle aus dem Haushalte und dem Gewerbetriebe einfach der Mutter Erde zum Verarbeiten übergeben werden. Das sind auch die Städte — Nomina sunt odiosa —, in denen der Typhus nach wie vor grassirt und Ilun-