Ueber die Temperaturunterschiede des venösen und arteriellen Blutes : Inauguralabhandlung, der medicinischen Facultät zu Giessen bei Erlangung der Doctorwürde vorgelegt / von Georg v. Liebig ; Praeses Prof. Dr. Bischoff.

  • Liebig, G. von (Georg), 1827-1903.
Date:
1853
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Ueber die Temperaturunterschiede des venösen und arteriellen Blutes : Inauguralabhandlung, der medicinischen Facultät zu Giessen bei Erlangung der Doctorwürde vorgelegt / von Georg v. Liebig ; Praeses Prof. Dr. Bischoff. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by The Royal College of Surgeons of England. The original may be consulted at The Royal College of Surgeons of England.

    11/68 (page 7)
    Wenn wir auch annehmen, dafs die genannten Beobachter der Sicherheit ihres com- plicirten Apparates und ihrer Geschicklichkeit gewifs waren, so ist doch gegen die Methode noch Manches einzuwenden. Es ist schwer bei so kleinen Gefäfsen, wie die Schenkelge- fafse bei Hunden mittlerer Gröfse, die Berührung der Löthstellen der Nadeln, und wenn sie auch noch so dünn sind, mit den Wänden der Gefäfse zu vermeiden, besonders bei den Venen, die sich leicht abplatten. Hierdurch ist eine Quelle der Abkühlung durch die Verdunstung der blosgelegten Venen an ihrer Oberfläche gegeben, deren Einflufs aufserdem durch die dünneren Wände der Venen gegenüber den Arterien begünstigt wird. Die Ar- terien bleiben zwar hohl, allein ihr Lumen verändert sich sehr leicht, wenn sie mechanisch gexeizt verden, was beim Durchstechen von Nadeln ja nicht zu vermeiden ist. Ueber das Verhalten der Gefäfse in dieser Beziehung, sowie über die Gröfse der Nadeln im Verhältnifs zu den Gefäfsen ist in der Abhandlung nichts angegeben. Zu den angeführten Schwierigkeiten kommt noch die Möglichkeit, dafs sich um die Nadeln Gerinnsel bilden, wodurch das Resultat unsicher gemacht wird. Bei den Versuchen in der Brusthöhle waren die Lungen aufser Function und die Gefäfse, besonders die Cava descendens mit ihrer grofsen Oberfläche, der Abkühlung sehr stark ausgesetzt. Aufserdem ist das Blut der Vena cava descendens schon a priori etwas kühler, als das Blut der Cava adscendens anzunehmen, weil der Kopf, der Hals und die Beine der Abkühlung nach Aufsen sehr leicht zugänglich sind, und man darf deshalb das. bei diesen Versuchen gefundene Resultat nicht auf das venöse Blut überhaupt beziehen. Ein hauptsächliches Bedenken ist der Mangel an Uebereinstimmung unter den Re- sultaten, wovon ich ein Beispiel geben will. Die Jugularis wurde um 0,30° und die Arteria eruralis um 0,84° und 1,12° wärmer, als die Vena cruralis, gefunden. Hiernach hätte der Unterschied zwischen der Jugularis und Arteria cruralis höchstens entweder 0,54° oder 0,82°, im Mittel 0,68 betragen dürfen, die directe Messung der Temperatur ergab aber 0,90°. Bei so geringen Unterschieden, wo es auf Hunderttheile von Graden ankommt, ist eine Abweichung von 0,22° vom Mittel zu grofs, um Vertrauen erwecken zu können. Die Anzahl der angestellten Versuche ist zu gering, um ein Urtheil über die Ur- sachen der bedeutenden Abweichungen, also auch über ihre Zuverlässigkeit zu erlauben, und die gefundenen Differenzen sind durchschnittlich gröfser, als bei den Davy’schen Ver- suchen, was auf das Vorhandensein bedeutender Fehlerquellen schliefsen läfst. Ich gehe nun zu denjenigen Arbeiten über, die für die höhere Temperatur des venösen Blutes sprechen und von denen die früheren in den neueren physiologischen Wer- ken nicht erwähnt werden. Ich konnte blos von drei Beobachtern die angestellten Versuche im Original lesen, während ich die anderen aus Citaten kenne.