System der gesundheitspflege : Fur die universitat und die arztliche praxis.

  • Hirt, Ludwig, 1844-1907.
Date:
1880
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Credit: System der gesundheitspflege : Fur die universitat und die arztliche praxis. Source: Wellcome Collection.

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    bisher gezögert, sieh vielmehr begnügt hat, sie als einen Complex verschiedenartiger Wissenschaften, als ein buntes Allerlei hinzu- stellen. Mag man das immerhin mit einem Scheine des Rechtes thun; die solange unbeachtet gebliebene Wissenschaft, in der Jeder von vornherein zu Hause zu sein glaubt, hat ja in der That immer erst eine relativ beschränkte Anzahl selbständiger Arbeiten aufzu- weisen; aber ist denn das mit andern Wissenschaften anders gewesen? Hat nicht z. B. auch die Physiologie, eine der selbstbewusstesten unter den medicinischen Schwestern, ihren Entwicklungsgang durch- machen müssen, hat nicht auch sie ihre Kindheit gehabt? War sie vielleicht vor einem Viertel- oder gar vor einem halben Jahrhundert auch schon das, was sie heut ist? Hat nicht auch sie einmal an- gefangen zu existiren? Warum der Hygiene ihre Ziele nicht blos, sondern auch ihre Lebensfähigkeit absprechen, nachdem ein Petten- kofer, ein Parkes, ein M. Levy durch ihre bahnbrechenden, genialen Arbeiten gezeigt haben, dass es doch wohl lohnt, sich mit ihr zu beschäftigen? Und es lohnt sich in der That! Denn gerade die Hygiene ist berufen, Gebiete des medicinischen Wissens zu bearbeiten und Prägen zu ventiliren, mit denen sich bisher Niemand so recht vertraut gemacht hat, und welche vielleicht einen bisher nie recht gewürdigten Einfluss auf das physische Wohlergehen und das Gedeihen der Völker auszuüben im Stande sind. Will man, und das beabsichtigen die oben angedeuteten hygienischen Untersuchungen, Krankheiten verhüten, so muss man ihre Ursachen kennen; die Lehre von den Ursachen der Krank- heiten, die Aetiologie, ist für sie demnach in erster Linie unent- behrlich, sie ist nicht blos ein Theil der Gesundheitspflege, sondern ihr Fundament. Gleichzeitig ein wichtiges Verbindungsglied zwischen der Hygiene und der praktischen Medicin, bildet sie gewissermaassen die Brücke zwischen diesen beiden Disciplinen, deren Verhältniss so oft falsch aufgefasst wird. Beide, Hygiene und Medicin, gehören eigentlich zusammen und bilden ein untheilbares Ganze; die eine ohne die andere ist unbrauchbares Stückwerk. Müssig ist es, Grenzen zwischen beiden annehmen oder dieselben gar festsetzen zu wollen; es ist und bleibt dies ebenso unmöglich, wie es in vielen Fällen nicht gelingt, pathologische von physiologischen Zuständen, Krankheit von Gesundheit zu unterscheiden. Beide Zustände können ganz allmälig, unmerklich in einander übergehen — ebenso verhält es sich mit der Hygiene und der Medicin. Der letzteren gegenüber